Airbus A320NEO – Flugzeugtypen

Moderne Flugzeugtypen wie der Airbus A320NEO sind im Luftvekehr sehr erfolgreich. Der Airbus A320NEO ist eine Weiterentwicklung des A320. Der Airbus A320 und seine Derivate A318, A319 und A321 gelten als eines der erfolgreichsten Programme der zivilen Luftfahrt. Und für Airbus stellt dieses Programm den Durchbruch als einer der zwei großen Hersteller von zivilen Flugzeugen dar.

Aviation Business Airbus Flugzeugtypen A320Neo

Im Duopol der Flugzeughersteller dominiert heute Airbus den Marktanteil bei sogenannten Narrow-Body-Flugzeugen oder auch Single-Aisle-Flugzeugen mit ungefähr 60 Prozent. (vgl., Flottau, 2016)

Angesichts der großen Nachfrage sah sich Airbus dazu gezwungen, nach rund zwanzigjähriger Bauzeit die A320-Reihe zu erneuern. Dieses neue Modell, genannt A320NEO, ist Gegenstand dieses Artikels. Hierbei soll ein besonderes Augenmerk auf die operative Einführung und damit verbundene Herausforderungen gelegt werden.

Geschichte der A320-Familie

Entwicklung der ersten Generation der A320-Familie

Bereits in den 1970er-Jahren begann sich in Europa ein Konsortium zu bilden, das mit ersten Entwürfen namens JET 2 den Grundstein für das A320-Programm legten. Dann, in 1981 verpflichtete sich Air France als Erstkunde zum Kauf von 50 Airbus A320. Darauf folgend begann im März 1984 der offizielle Programmstart. Und 1988 war die erste Auslieferung eines Airbus A320-100 an Air France zu beobachten (vgl. Morgenstern, Plath, 2000, S. 23f.). Schon in den Anfängen wurde auch über einen JET 1 und JET 3 nachgedacht (vgl. Figgen, Plath, 2017, S. 57f.). So entstanden nach dem Airbus A320 nun der Airbus A319 (erste Auslieferung im April 1996) und der Airbus A321 (erste Auslieferung am 27. Januar 1994 an die Deutsche Lufthansa). Später im Jahr 2003 folgte noch die erfolglose Version Airbus A318.

Grundsätzlich sind alle Varianten mit verschiedenen Triebwerken bestellbar. So sind dies für A319/A320/A321 Triebwerke der Hersteller CFM (CFM 56-5A/-5B) und IAE (IAE V2500). Dabei werden Flugzeuge mit diesen Triebwerken auch A320CEO-Familie genannt. Hierbei steht CEO für Current Engine Option (vgl. Figgen, Plath, 2017, S. 60).

Entscheidung zur Weiterentwicklung der Airbus A320-Familie ab

Nachdem seit 1987 die Airbus A320-Familie fast unverändert gebaut wurde, kamen die ersten Flugzeuge langsam am Ende ihres Lebenszyklus an. Folglich entschied sich Airbus im Jahr 2006, über eine Version namens „Enhanced“ nachzudenken (vgl. Figgen, Plath, 2017, S. 71f.). Die in dieser Version angedachten aerodynamischen Änderungen fanden dann nach und nach im A320CEO Anwendung. Unter anderem wurden als Sonderausstattung sogenannte Sharklets angeboten.

Erst im Jahr 2010 startete Airbus das A320NEO-Programm offiziell. Wie der Name „new engine option“ schon suggeriert, ist die bedeutendste Änderung die Installation neuer Triebwerke (vgl. Kingsley-Jones, 2010). Die treibende Kraft waren vor allem die Triebwerkshersteller. Denn diese konnten nun deutlich sparsamere Antriebe liefern. Beispielsweise waren dies das Pratt & Whitney PW1100G mit neuartiger Getriebefan-Technologie und das LEAP-1A-Triebwerk von CFM.

Entwicklung, Herstellung und Auslieferung des Airbus A320NEO

Entwicklung der neuen Triebwerke für A320NEO

Das Ziel der Entwicklung neuer Triebwerke ist, den Verbrauch zu senken und den Geräuschteppich, der bei Start und Landung entsteht, zu verringern.

Die neuartige Technologie des Pratt & Whitney PW1100G aus der PW1000G-Familie bezieht sich vornehmlich auf den Getriebefan. Dabei ist das Herzstück ein Planetengetriebe, welches den Fan von der Niederdruckturbine entkoppelt beziehungsweise im Verhältnis 3:1 ansteuert. Auf diese Weise wird die Möglichkeit geschaffen, dass sowohl Fan als auch Niederdruckturbine in ihrem optimalen Drehzahlband arbeiten können, obwohl sie auf einer Welle sitzen. Dies erhöht die Effizienz des Triebwerks und verringert damit den Treibstoffverbrauch. Dabei beträgt das Nebenstromverhältnis 12 zu 1 (vgl. Pratt &Whitney, u. A., 2018).

Allerdings stammen erste Versuche mit der Getriebefan-Technologie bereits aus den 1980er-Jahren. Jedoch waren sie nicht sehr erfolgreich. Und die ersten Triebwerke gingen nie in Serie. Erst ab 2009 entwickelte Pratt & Whitney zusammen mit MTU Aero Engines die PW1000G-Familie. Von Triebwerken der PW1000G-Serie, die auch an anderen Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen eingesetzt werden, wurden bis heute ungefähr 5000 Stück bestellt.

Im Vergleich zum PW1100G stellt die zweite Option für den A320NEO, das CFM LEAP-1A ein konventionelles Triebwerk ohne Getriebefan dar. Das Herstellerkonsortium CFM ist ein Joint Venture von General Electric (GE) und Safran Aircraft Engines. Die Kunden verlangten selbstverständlich ähnlich gute Verbrauchswerte, wie mit dem Konkurrenzprodukt. Dies konnte durch die Erhöhung des Nebenstromverhältnisses auf ein Verhältnis von 11:1 erreicht werden.  Die Entwicklung der LEAP-1-Familie basierte auf dem Verkaufsschlager CFM 56. Jedoch entschied man sich für eine komplette Neuentwicklung unter Zuhilfenahme der in der ersten Phase gewonnen Erkenntnisse. Von der LEAP-1-Familie wurden bis heute 6000 Triebwerke bestellt.

Weitere Verbesserungen des Airbus A320NEO

Neben den zwei neuen Triebwerksoptionen verbesserte Airbus auch andere Teile des Flugzeugs. So gibt es den Airbus A320NEO nur noch mit den sogenannten Sharklets, die aus dem oben genannten „Enhanced“-Programm stammen. Ältere Modelle der A320CEO-Serie hatten noch eine andere Art Winglets verbaut.

Des Weiteren musste die Flügelstruktur den schweren Triebwerken und der veränderten aerodynamischen Belastung durch die Sharklets angepasst werden. Damit verbunden waren auch neue Triebwerksaufhängungen, die ebenso dem gesteigerten Gewicht und dem vergrößerten Schub angepasst wurden.

Schließlich wurden selbstverständlich auch die sogenannten Flight Control Computer dem neuen Flugverhalten angepasst. Dies ließ sich durch neue Softwareversionen darstellen.   

Airbus A320NEO

Abbildung: Änderungen am Airbus A320NEO (Abbildungsbasis vgl. MTU Aero Engines, 2018)

Herstellungslinien in Toulouse, Hamburg, Tjanjin und Mobile

Über die Jahre vergrößerte sich die Anzahl der Endmontagelinien immer weiter. Heute wird der Airbus A320NEO in Toulouse, Hamburg und Tjanjin (erste Auslieferung des dort gebauten A320NEO am 25. Oktober 2017). Im US-Werk Mobile werden zurzeit noch vornehmlich A321CEO für den US-Markt gebaut. (vgl. Figgen, Plath, 2017, S. 150-155)

Erste Auslieferungen des Airbus A320NEO

Als Erstkunde war es Qatar Airways vorbehalten den ersten A320NEO zu übernehmen. Aufgrund der unten beschriebenen technischen Probleme die Triebwerke vom Typ PW1100G verweigerte Qatar Airways jedoch die Abnahme der ersten Airbus A320NEO (vgl. Figgen, Plath, 2017, S. 74). Somit wurde Lufthansa, sozusagen ungewollt, Erstbetreiber des Flugzeugtyps.

Herausforderungen aufgrund technischer Defizite des PW1100G-Triebwerks

Technische Besonderheiten und nicht erreichte Anforderungen des PW1100G-Triebwerks

Die neue Technologie des Getriebefans und damit einhergehend ein leicht schwereres Triebwerk im Vergleich zur A320CEO-Baureihe erforderte ebenso eine neu konstruierte, verstärkte Triebwerksaufhängung.

Diese neue Aufhängung und die enormen Temperaturen in der Brennkammer von ungefähr 1000 Grad Celsius (bei CFM 56 nur 550 Grad Celsius) führen im Vergleich zu älteren Triebwerksmodellen zu einer Abkühlungs- und Werkstoffproblematik.

Das PW1100G zeigt Besonderheiten in der Wärmeausdehnung (vgl. Figgen, Plath, 2017, S. 74). Nach dem Abschalten des Motors entweicht die Hitze nicht gleichmäßig aus dem Triebwerk. Dies führt während der Abkühlungsphase zu unterschiedlichem Werkstoffverhalten. Das heißt, dass sich der obere Teil des Triebwerks langsamer abkühlt als der untere Teil. Damit verbiegt sich das Triebwerk leicht, was beim Anlassen und Betrieb des Triebwerks in diesem Zeitraum zu Kontaktschäden der Rotoren an den Verkleidungen führen würde.  Dieses Phänomen war im Triebwerksbau nicht neu, jedoch das Ausmaß durch die großen Temperaturunterschiede sehr groß. Es nennt sich „Bowed Rotor“. (vgl. Norris, 2016)

Da dieses technische Defizit vor allem bei Drehzahlen ab 25% N2 zum Tragen kommt und das ungleichmäßige Ausdehnungsverhalten besonders zwischen zwei und drei Stunden nach abstellen des Triebwerks auftritt, musste Pratt & Whitney hier schnell Abhilfe schaffen.

Technische Eingriffe zur Reduktion der Ausdehnungsproblematik

Um eine schnellere Abkühlung des Triebwerks vor Erreichen der kritischen Drehzahlen ab 25% N2 zu erreichen, musste das Triebwerk zum Auslieferungsbeginn des A320NEO länger im Leerlauf verbleiben beziehungsweise vor dem eigentlichen Triebwerksstart durch den Startermotor gekühlt werden. Somit dauerte anfänglich ein Triebwerksstart, je nach Temperatursituation im Triebwerk, bis zu sechs Minuten. Ein A320CEO benötigt mit seinem konventionellen CFM56-5B-Triebwerk dagegen nur ungefähr 100 bis 120 Sekunden.

Dieser unbefriedigend langen Dauer eines Triebwerkstarts konnte mit kleineren, konstruktiven Veränderungen und vor allem mit Software-Updates begegnet werden. Diese Software-Veränderungen finden in der FADEC, auch EEC genannt, statt. So wurde der Anlassvorgang nicht mehr digital programmiert, sondern es finden nun deutlich mehr Parameter Eingang, wie Außentemperatur (OAT), Abgastemperatur (EGT), Öltemperatur und auch der Zeitpunkt des letzten Abstellens. Dadurch kann die benötigte Zeit zur Kühlung genauer festgelegt werden.

Des Weiteren kühlen sich nun beide Triebwerke parallel, so dass nicht mehr nacheinander auf das Anlassen gewartet werden muss. Airbus nennt diesen Vorgang „Dual Cooling“ und implementierte hier eigene Verfahren für den A320NEO mit PW1000G-Triebwerken. Somit ist die Startdauer bis heute auf zwei bis drei Minuten pro Triebwerk zurückgegangen. (vgl. Norris, 2016)

Durch technische Defizite verursachte operationelle Probleme

So gering diese Unterschiede in der benötigten Startzeit im Vergleich zum A320CEO sind, so handelt es sich hier um wertvolle Minuten. Insgesamt addiert, brauchte der A320NEO besonders ohne die erfolgten Änderungen ca. acht Minuten länger als der A320CEO zum Anlasen der Triebwerke. Dies führte zu zwei operationellen Problemfeldern.

Einmal konnten die Zeiten der Flugpläne nicht mehr eingehalten werden. Dies führte unausweichlich zu Verspätungen, die im Laufe des Tages sich zusätzlich aufaddierten. Somit war der Airbus A320NEO nicht mit der maximalen Zahl an Flügen einsetzbar und verlor dadurch gegenüber anderen Mustern, aber auch dem A320CEO, an Effizienz.

Das zweite Problemfeld war die längere Standzeit auf Rollwegen, die für den Triebwerksstart benötigt wurde. Denn somit wurde länger als üblich ein Rollweg in seiner Kapazität beschränkt. An historisch gewachsenen Flughäfen wie London Heathrow (LHR) oder Frankfurt am Main (FRA), wo man durchaus Sackgassen vorfinden kann, führte dies u.a. zu längeren Blockierungen anderer Flugzeuge, die nicht ihre Parkposition erreichen oder das Ablegen vom Gate nicht beginnen konnten. In Frankfurt wurde mit der Problematik umsichtig umgegangen und der Airbus A320NEO nicht mehr auf diese Parkpositionen geplant. In London sah man sich gezwungen ein komplettes Abfertigungsverbot und damit Anflugsverbot für den Airbus A320NEO zu erlassen, so dass anfänglich der Airbus A320NEO nicht nach LHR fliegen durfte.

Beide aufgeführten Problematiken konnten durch die Verkürzung der Startzeiten aufgehoben werden. 

Weitere Folgen für Betreiber des Airbus A320NEO

Zusätzlich zu den operationellen Problemen mussten die Crews zusätzlich trainiert werden, um den Umgang mit dem anspruchsvollen Triebwerk zu erlernen. Hier forderte u.a. das Luftfahrtbundesamt einen zusätzlichen Schulungstag.

Die mehrfachen Updates der FADEC früh ausgelieferter Maschinen führten zu Liegezeiten in den Werften. Diese nicht vorhergesehenen Fehlzeiten der Flugzeuge mussten durch anderes Gerät, u.a. Fremdgerät im Wet-Leasing, ausgeglichen werden.

Zuletzt verweigerten einige Flughäfen, die bereits am Rande ihrer Kapazität arbeiteten, die Abfertigung und somit den Anflug des Airbus A320NEO. Die Begründung lag in den deutlichen verlängerten Zeiten zum Triebwerksstart, die die Auslastung des Vorfelds der Flughäfen erhöhten. Dies war zum Beispiel in London Heathrow der Fall.

Folgen für den Hersteller des Airbus A320NEO

An Airbus gingen die Probleme mit dem PW1100G natürlich ebenso nicht spurlos vorbei. Denn, wie bereits erwähnt, weigerte sich der Erstkunde Qatar Airways beharrlich den A320NEO mit den vorhandenen Problemen zu übernehmen, so dass Lufthansa als Erstbetreiber einsprang. Die unterschiedlichen Ansichten zum A320NEO sind bis heute mit Qatar Airways nicht gelöst. So stehen bis heute, fast zwei Jahre nach der geplanten Erstauslieferung, immer noch ungefähr zwölf Maschinen ohne Triebwerke in Toulouse und warten auf ihren Einsatz für Qatar Airways. Jedoch entschied sich Qatar gänzlich gegen den Airbus A320NEO und wandelte die Bestellungen in A321NEO um. Was mit den bereits gefertigten Maschinen pasiiert, ist bis heute unbekannt. (vgl. Bryan, 2017)

Ebenso orientierten sich einige Kunden um und wandelten ihre Bestellungen in A320NEO mit LEAP-1A-Triebwerke. Da diese jedoch erst später verfügbar waren als das PW1100G konnte Airbus im Jahr 2016 das gesteckte Ziel an Auslieferungen nicht erfüllen. Ebenso dazu bei trug und trägt, dass bis heute Pratt & Whitney nicht die nötige Anzahl an Triebwerken für die große Anzahl an Bestellungen liefern kann.

Auf Grund der verspäteten Auslieferungen und der operationellen Einschränkungen dürfte die Airbus Group auch finanziell den Fluggesellschaften entgegengekommen sein. Denn normalerweise sehen Kaufverträge Strafzahlungen bei nicht erreichten Eigenschaften oder größeren Verzögerungen vor.

Fazit nach der Einführung des Airbus A320NEO

Es kommt immer wieder bei der Einführung neuer Muster zu deutlichen Einschränkungen oder sogenannten „Kinderkrankheiten“, die sich kaum in geringer Zeitspanne abstellen lassen.

Besonders müssen die großen Hersteller hier lernen, dass sich die Abhängigkeit von Zulieferern negativ auswirkt. Diese Erfahrung mussten schon beide großen Hersteller schmerzlich erfahren, z.B. bei zu kurzen Kabelbäumen beim Airbus A380 oder falsch belüfteten Batterien bei der Boeing 787 und eben beim Airbus A320NEO durch die fehlerhaft konstruierten Triebwerke.

In Zukunft werden sich solche Probleme nur durch eine deutlichere Kontrolle der Zulieferer, eine gestreckte, zeitliche Planung der Entwicklung und eine Reintegration von Kernaufgaben in den Herstellerkonzern lösen lassen.

Den gesamten Erfolg des Airbus-A320NEO-Programms konnten die Probleme um das PW1100G-Triebwerk jedoch nicht gefährden. Mit über 5000 Bestellungen bis zum heutigen Tag ist das Programm schon jetzt ein enormer Erfolg für die Airbus Group. (vgl. Airbus Group, u. A., 2017)

Literaturverzeichnis zum Airbus A320NEO

Airbus Group, u.A. (2018): Orders and Deliveries Commercial Aircrafts, http://www.airbus.com/aircraft/market/orders-deliveries.html

Bryan, Victoria (2017): Qatar Airways chief says will not take any Airbus A320neos in 2017, https://www.reuters.com/article/us-europe-tourism-qatarairways/qatar-airways-chief-says-will-not-take-any-airbus-a320neos-in-2017-idUSKBN16F1DZ

Figgen, Achim & Plath, Dietmar (2017): Das große Airbus Typenbuch, München: GeraMond Verlag, Neuauflage 2017

Flottau, Jens (2016): Milliarden gegen Airbus, Süddeutsche (Online), http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/boeing-milliarden-gegen-airbus-1.2864012

Kingsley-Jones, Max (2010): SINGAPORE 2010: Airbus targets early A320 re-engining decision, 2015 debut, Flight Global (Online), https://www.flightglobal.com/news/articles/singapore-2010-airbus-targets-early-a320-re-engining-decision-2015-338026/

Morgenstern, Karl & Plath, Dietmar (2000): Airbus A318/319/320/321, Ottenstedt: Otterstedter Verlag

MTU Aero Engines, u.A. (2018): PW1000G Produktblatt, http://www.mtu.de/de/engines/zivile-triebwerke/narrowbody-and-regional-jets/pw1000g/

Norris, Guy (2016): New P&W President Has ‘Nothing To Hide’ On GTF Starting Issue, http://aviationweek.com/commercial-aviation/new-pw-president-has-nothing-hide-gtf-starting-issue

Pratt & Whitney, u. A. (2018): PurePower Engine Family Specs Charts, http://www.pratt-whitney.com/Content/PurePowerPW1000G_Engine/pdf/B-1-1_PurePowerEngineFamily_SpecsChart.pdf

Autorenhinweis zum Airbus A320NEO

Dieser Text entstand auf Basis einer Studienarbeit von Philipp Gasser, Studierender im Studiengang Aviation Business an der htw saar.

Luftrettung in Deutschland

Der Ursprung der Luftrettung in Deutschland und der Welt

Wie so viele Dinge, die in der heutigen Zeit als normal und selbstverständlich erscheinen, hat auch die Geschichte der Luftrettung ihre Wurzeln in militärischen Bestrebungen, Innovationen und Notwendigkeiten.

„If a man is in need of rescue, an airplane can come in and throw flowers on him, and that’s just about all. But a direct lift aircraft could come in and save his life.“[1]

Sikorsky, I., zitiert nach (Sikorsky Archives, 2016)

Es liegt in der Natur der Sache, dass es bei kriegerischen Auseinandersetzungen oftmals zu lebensbedrohlichen traumatischen Verletzungen bei den eingesetzten Kräften kommt. Darüber hinaus ist es selbstredend, dass schwere traumatische Verletzungen nicht vor Ort versorgt werden können, insbesondere dann nicht, wenn sich dieser Ort inmitten eines Kampfgeschehens, an der Front oder gar hinter den feindlichen Linien befindet.

Aviation Business Luftrettung in Deutschland

Aufgrund der Tatsache, dass Kampfhandlungen in der Regel nicht im unmittelbaren Umfeld von Feldlazaretten stattfinden, war und ist es immer noch ein dringendes militärisches Bedürfnis, verwundete Soldaten nach erfolgter Erstversorgung schnellstmöglich zur weiteren Behandlung und Versorgung in entsprechende Lazarette zu verbringen. Lange Zeit war dies jedoch nur auf dem Landweg möglich, was für die verwundeten Soldaten oftmals einen langen und beschwerlichen Transport bedeutete, welche diese oftmals aufgrund des erheblichen Verletzungsmusters nicht überlebten.

Luftrettung per Hubschrauber

Auch wenn einer der ersten dokumentierten Rettungseinsätze unter Verwendung eines Hubschraubers am 04.04.1945 in Burma stattfand – der amerikanische Pilot eines im Urwald von Burma abgestürzten Militärflugzeugs wurde mit Hubschrauber aus dem unzugänglichen und mit einem Fahrzeug nicht zu erreichenden Gebiet ins Lazarett geflogen -, wurde eine systematische Rettung von Verwundeten und deren Evakuierung mit Hubschraubern erst nach Ende des 2. Weltkriegs in die Tat umgesetzt. [2] (Young & Redaktion der Time-Life Bücher, 1985)

Die Vision von Igor Sikorsky, einem aus der Ukraine in die USA emigrierten Ingenieur, welcher die Entwicklung und den Bau von Hubschraubern entscheidend beeinflusste, wurde zur Realität. Mit der Weiterentwicklung der zur damaligen Zeit existierenden Hubschraubermuster, welche nun auch in der Lage waren, im unwegsamen Gelände zu starten und zu landen und auch größere Strecken schnell und auf dem direkten Wege zu überbrücken, änderten sich deren militärischen Einsatzmöglichkeiten insbesondere auch hinsichtlich der Verwendung zur Evakuierung Verwundeter, was in Folge tausenden von Soldaten das Leben rettete.

Luftrettung im Koreakrieg

Im Koreakrieg (1950-1953) wurden erstmals Hubschrauber systematisch zum Transport verletzter Soldaten eingesetzt[3] (Young & Redaktion der Time-Life Bücher, 1985) und die Weiterentwicklung von den sogenannten MedEvac (englisch von „medical evacuation“) Einsätzen im Vietnamkrieg (1960-1975) weiter vorangetrieben[4] (Young & Redaktion der Time-Life Bücher, 1985), was nicht zuletzt der Entwicklung besserer, zuverlässigerer und geeigneter Hubschrauber geschuldet war. Diese, für heutige Verhältnisse anfangs sehr spartanischen MedEvac Hubschrauber und die Art und Weise, wie Luftrettung damals praktiziert wurde, kann man nur noch bedingt mit der Luftrettung der heutigen Zeit vergleichen.

Ging es damals lediglich darum, Verletzte schnellstmöglich im „Load and Go“ Verfahren ins sogenannte MASH (englisch „mobile army surgical hospital“ für „Feldlazarett“) zu verbringen, wobei die Verletzten oftmals nicht oder zumindest nur grund- bzw. erstversorgt und lediglich auf stretchern (englisch für „Krankentragen“) fixiert waren, welche ihrerseits auf den Kufen der Hubschrauber befestigt wurden, ist daraus heute ein medizinisch und technisch ausgereifter und hochqualifizierter Vorgang geworden, welcher sowohl auf medizinischer, technischer und nicht zuletzt aviatischer Seite kontinuierlich weiterentwickelt wird.

Entwicklung der Luftrettung in Deutschland

Ab Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts gab es einzelne Bestrebungen und Versuche, das zum damaligen Zeitpunkt – wenn überhaupt – nur marginal existierende Rettungssystem in Deutschland aufzubauen und darin Hubschrauber als Rettungsmittel zu integrieren (Teuber, 1986).[6] Treiber diese Bemühungen waren primär Privatleute und Organisationen wie der ADAC e. V., die Björn-Steiger-Stiftung und die Deutsche Rettungsflugwacht e. V., welche sich schlussendlich gegen die bei Experten und staatliche Verantwortlichen gängige Meinung, der Transport von Verletzten mittels Hubschrauber sei für diese schädlich und somit für die Unfall- bzw. Notfallrettung nicht geeignet, durchsetzten. Diese ablehnende staatliche Haltung wurde in der 8. Gemeinsamen Verkehrssicherheitskonferenz des Bundes und der Länder am 24.06.1965 mit der Feststellung „Die Bereitstellung von Hubschraubern speziell für den Unfallrettungsdienst kann z. Z. [sic] nicht empfohlen werden.“[7] (Teuber, 1986) noch unterstrichen.

Es folgten trotzdem die ersten Modellversuche mit gecharterten Hubschraubern. Nachdem diese und die Erfahrungen aus zufälligen und ungeplanten Rettungseinsätzen mit Hubschraubern der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes allesamt ein positives Ergebnis erbrachten, änderte sich nach und nach auch die Haltung von Fachgremien zur Luftrettung. Sowohl Medizin als auch Politik wurden davon überzeugt, den Einsatz von Hubschraubern in der zivilen Rettung zu wagen. Am 1. November 1970 war es dann soweit: der erste offizielle Rettungshubschrauber Christoph 1 wurde in München in Dienst genommen (Teuber, 1986).[8] In den darauffolgenden Jahren entstanden immer mehr Luftrettungszentren und SAR-Kommandos in Deutschland, welche von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz betrieben wurden, da nur diese zur damaligen Zeit über das geeignete Personal, Material und die finanziellen Mittel verfügten. Nach und nach übernahmen zivile Betreiber die ursprünglichen Luftrettungszentren der Bundeswehr und bauten das Luftrettungsnetz in Deutschland weiter aus.

Mortalitätsrate bei Verkehrsunfällen

Wie bereits erwähnt, lag ein entscheidender Grund für die Einrichtung eines Luftrettungssystems in der hohen Sterblichkeitsrate bei Verkehrsunfällen. Anhand der Zahlen der Tabelle ist ersichtlich, dass 1970 das Verhältnis von Verkehrstoten zu Verkehrsunfällen bei etwa 4,6% lag. In den folgenden 20 Jahren reduzierte sich dieses Verhältnis um mehr als 50%, obwohl die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden mit ca. 6% nur geringfügig zurückgegangen war. Den Rückgang der Mortalitätsrate bei Verkehrsunfällen lediglich dem Aufbau der Luftrettung zuzuschreiben, wäre grundlegend falsch. Sicherlich sind dabei auch viele andere Faktoren zu berücksichtigen.

Mortalitätsrate bei Verkehrsunfällen Tabelle Verkehrstote 1970, 1980, 1990[9] (Statistisches Bundesamt, 2017)

Nichtsdestotrotz wird die Luftrettung neben dem Ausbau des bodengebundenen Rettungsdienstes, der Weiterentwicklung in der Medizin, den verbesserten Sicherheitssystemen im Auto und weiteren Faktoren eine Rolle an der positiven Entwicklung gespielt haben.

Die Luftrettung heute

Fast 70 Jahre nach der Pionierzeit der hubschraubergestützten Luftrettung der amerikanischen Armee verfügt Deutschland mittlerweile über eines der hochentwickeltsten und effektivsten Luftrettungssysteme weltweit. Mit 37 Luftrettungsstationen der ADAC Luftrettung, 31 Luftrettungsstationen der DRF Luftrettung und 12 Luftrettungsstationen des Zivilschutzes, welche alle einen Primäreinsatzradius von 50-70 km besitzen aber auch darüber hinaus eingesetzt werden können, ist das Bundesgebiet nahezu flächendeckend mit öffentlich-rechtlichen Luftrettungsmitteln versorgt.

Hinzukommen weitere ITH der Johanniter Luftrettung und Hubschrauber der Bundeswehr SAR-Kommandos, welche im Bedarfsfall im öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst angefordert und eingesetzt werden können. Bei besonderen Einsatzlagen wie Großschadensereignissen unterstützen zudem weitere Hubschrauber der Bundeswehr und der Bundespolizei die Versorgung und den Transport von Verletzten.

 

Grenzüberschreitende Einsätze der Luftrettung

Vollständigkeitshalber ist zu erwähnen, dass die Rettungshubschrauber bilateral auch grenzüberschreitend eingesetzt werden und es somit zu einer gegenseitigen Unterstützung mit dem benachbarten Ausland kommt.

Die eingesetzten Hubschrauber sind in Intensivtransporthubschrauber und Rettungs-und Transporthubschrauber zu unterscheiden. Während die sogenannten RTH in der Regel nur während der Tageslichtzeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang als Primärrettungsmittel zur Zuführung eines Notarztes eingesetzt werden, sind ITH oftmals 24 Stunden einsatzbereit und sowohl als primäres Rettungsmittel aber auch als Sekundärtransportmittel nutzbar. Gerade während der Nachtzeit übernehmen diese ITH dringend medizinisch notwendige Verlegungen von einem Krankenhaus in ein anderes.

Stützpunkte der Luftrettung in Deutschland

[10] (Quelle: ADAC Luftrettung GmbH, 2011)

 

Hubschrauber, Einrichtung und eingesetztes Personal in der Luftrettung

Aus den fliegerischen „Dampfmaschinen“ der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts sind technologisch hochentwickelte, leistungsstarke Hubschrauber geworden.

Ausgestattet mit 2 Turbinentriebwerken und redundanten Systemen, satellitengestützter Navigation, der medizinischen Ausrüstung einer kleinen Intensivstation, etc. sind sie in der Lage, sowohl bei Nacht als auch unter Instrumentenflugbedingungen zu fliegen, verfügen zum Teil über einen Autopiloten, Wetterradar und andere hochmoderne fliegertechnische Komponenten und sind teils für Sondereinsätze konfiguriert.

Die Rettung aus bergigem Terrain bis ins Hochgebirge mit Hilfe von am Hubschrauber angebrachten Seilwinden ist heutzutage genauso möglich, wie die Rettung auf hoher See oder auf bzw. von Schiffen.

Die planbare Durchschnittsgeschwindigkeit von derzeit in der öffentlich-rechtlichen Luftrettung in Deutschland eingesetzten Rettungshubschraubern der Typen Airbus H-145/EC-145 und Airbus H-135/EC-135 liegt etwa bei 240 km/h, was bedeutet, dass pro Minute etwa 4 km Flugstrecke zurückgelegt werden können.

 

Medizinische Ausrüstung in der Luftrettung

War die Trage bzw. der Stretcher zur Zeit des Koreakriegs das einzige medizinische Gerät an Bord des MedEvac Hubschraubers, finden sich heute für den Luftrettungseinsatz optimierte medizintechnische Systeme wie Sauerstoffversorgung, Beatmungsgerät, EKG und Defibrilator, Medikamente, die für Notfallpatienten zwingend notwendig sind, chirurgische Gerätschaften, und vieles mehr als Ausrüstung in einem Rettungshubschrauber wieder, welche es möglich macht, Patienten adäquat medizinisch zu versorgen und zu überwachen.

 

Zeitvorteile in der Luftrettung

Im Unterschied zur Anfangszeit der Luftrettung in Deutschland, in der ein funktionierendes und adäquates Rettungssystem noch nicht existierte, ist dieses mittlerweile vorhanden. Nichtsdestotrotz hat die Luftrettung immer noch eine Existenzberechtigung, welche nicht zuletzt in der immer lichter werdenden Verteilung von Krankenhäusern und medizinischen Versorgungseinrichtungen im ländlichen Raum begründet ist.

Aufgrund der voranschreitenden Zusammenlegung von Krankenhäusern und deren Spezialisierung auf einzelne Fachrichtungen werden die Wege im Rettungsdienst immer weiter.

Beispiel zur Luftrettung

Im folgendem Beispiel sollen die zeitlichen Vorteile der Luftrettung anhand eines alltäglichen Falls verdeutlicht werden:

Gegeben sei ein gemeldeter schwerer Verkehrsunfall in der Eifel in der Nähe von Monschau. Aufgrund der für NRW behördlich definierten Hilfsfrist von 12 Minuten im ländlichen Bereich sollte es sichergestellt sein, dass geeignete Rettungskräfte innerhalb von 12 Minuten an der Einsatzstelle eintreffen.

Mögliche Spätfolgen bis hin zu einer bleibenden Behinderung oder gar der Tod des Patienten und die damit auch verbundenen gesamtwirtschaftlichen Folgen sind neben anderen Faktoren auch davon abhängig, wie schnell der Patient der weiteren Diagnostik und Therapie in einem adäquaten Krankenhaus zugeführt wird.

Luftrettung aus medizinischer Sicht

Aus medizinischer Sicht werden Patienten, welche ein schweres Trauma oder gar ein Polytrauma erlitten haben, die besten Prognosen zugesprochen, wenn diese innerhalb 1 Stunde nach Traumaereignis einem Traumazentrum bzw. einem Krankenhaus der Maximalversorgung zugeführt werden (Alinger, 2010).[11] Die Einhaltung der „golden hour of shock“ ist gerade im ländlichen Raum fast nur bei einem Einsatz eines Rettungshubschraubers möglich.

Sollte das vorgefundene Verletzungsmuster des Patienten eine Behandlung in einem Krankenhaus der Maximalversorgung vorsehen, würde eine Fahrzeit zu einer dieser Kliniken (die 3 nächsten Kliniken sind in diesem Beispiel die Unikliniken Aachen, Köln und Bonn) 1 Stunde und mehr betragen. Der Transport mit Hubschrauber hingegen, welcher zudem deutlich schonender für den Patienten wäre, würde etwa 10-15 Minuten betragen, wobei beiden Berechnungen normale Straßen-, Verkehrs- und Wetterbedingungen zugrunde liegen.

Besatzung der Hubschraubers bei einer Notrettung

Neben der technischen Entwicklung auf fliegerischer und medizinischer Seite hat sich auch die Ausbildung des eingesetzten Personals in den letzten Jahren erheblich verändert und verbessert. Bestand die Besatzung eines MedEvac Hubschraubers in Korea lediglich aus einem Piloten, besteht diese heutzutage aus mindestens einem Piloten, welcher im Besitz einer kommerziellen Fluglizenz und über genügend Flugerfahrung verfügen muss, einem sogenannten HEMSTC (Rettungsassistent, welcher eine speziell für den Luftrettungsdienst konzipierte Qualifikation besitzt), einem Notarzt und ggf. weiterem medizinischen oder fliegerischen Personal.

Um sowohl der Flugsicherheit als auch der Patientensicherheit Rechnung zu tragen, müssen sich sämtliche eingesetzten Besatzungsmitglieder zudem regelmäßigen Gesundheitsüberprüfungen, Weiterbildungsmaßnahmen, Lizenzverlängerungen, etc. unterziehen.

Weitere Entwicklung der Luftrettung

Die Luftrettung ist seit ihren Anfängen einem stetigen Wandel unterworfen. Mit der Entwicklung der Technik ändern sich auch die Möglichkeiten des Einsatzes von Rettungshubschraubern und die Anforderungen, die an die Luftrettung gestellt werden.

Nachteinsatz von Hubschraubern

War der Einsatz von Rettungshubschraubern in der Primärrettung bisher weitgehend auf die Tageslichtzeit beschränkt, eröffnet beispielsweise die Nutzung von Nachtsichtgeräten, welche es dem Piloten ermöglichen, auch nachts an Einsatzstellen zu landen, weitere Einsatzmöglichkeiten. Die Ausweitung der Einsatzbereitschaftszeiten von heutigen Tagstationen auf die Nachtzeit mit dem Ziel, nicht nur Sekundärverlegungen sondern auch Primäreinsätze bei Nacht mit Hilfe von Nachtsichtgeräten durchzuführen, bringt weitere Herausforderungen mit sich:

Es müssen ggf. bauliche Maßnahmen an den Hubschrauberstationen vorgenommen werden. Hubschrauber müssen zudem für die Nutzung von Nachtsichtgeräten nachgerüstet oder gar komplett ausgetauscht werden, die Besatzungen mit entsprechenden Nachtsichtbrillen ausgerüstet und für den Einsatz mit Nachtsichtbrillen geschult und trainiert werden, Krankenhauslandeplätze, welche bisher nur tagsüber nutzbar waren, für die nächtliche Landung von Hubschraubern umgebaut oder ggf. verlegt werden, Gesetze und Vorschriften angepasst werden, etc.

Sichtflugbedingungen

Auch wenn die heutigen Rettungshubschrauber vom technischen Stand im Instrumentenflug, also ohne Sicht nach außen beispielsweise in Wolken, eingesetzt werden können, findet die Luftrettung grundsätzlich nur in Sichtflugbedingungen und oftmals im unkontrollierten Luftraum statt.

Der Hintergrund liegt darin, dass ein Flug nach Instrumentenregeln in einer entsprechenden Höhe stattfinden muss, welche Hindernisfreiheit und eine sichere Flugdurchführung gewährleistet. Start- und Landung in Instrumentenflugbedingungen können nur an dafür ausgestatteten und zugelassenen Flughäfen erfolgen.

Deutsche Krankenhauslandeplätze verfügen über eine entsprechende Ausstattung und Zulassung bisher noch nicht. Um Rettungshubschrauber in Deutschland auch bei Wetterbedingungen zu betreiben, die keinen Sichtflug ermöglichen, müssten umfangreiche infrastrukturelle Maßnahmen an Krankenhäusern, Luftrettungsstationen und natürlich auch in der Luftraumstruktur in Verbindung mit Gesetzes- und Vorschriftenänderungen vorgenommen werden. Im Gegensatz zu Deutschland werden in der Schweiz diesbezüglich bereits einige Bestrebungen unternommen.

Regelungen auf europäischer Ebene

Konnten die einzelnen europäischen Länder bis vor ein paar Jahren noch eigenständig Regelungen und Gesetze erlassen, wird dies heutzutage immer mehr auf europäischer Ebene geregelt. Davon ist auch der Luftverkehr und somit auch die Luftrettung betroffen. Es bestehen teils erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Nationalstaaten, welche in den kommenden Jahren auszugleichen sind.

Beispielsweise sind Funksysteme, die es ermöglichen mit Rettungsdienst, Polizei und Leitstellen zu kommunizieren, international nicht kompatibel, eine diesbezügliche Kommunikation somit bei länderübergreifenden Einsätzen nicht oder nur bedingt möglich.

Wie sich das Luftrettungssystem in Deutschland in den nächsten Jahren verändern und entwickeln wird, hängt auch beispielsweise davon ab, wie das maximale Endalter von Piloten, die Anwendung und Auslegung von Flugdienst- und Ruhezeiten, die Zulassung von Landeplätzen, etc. auf europäischer Ebene geregelt werden. Hier ist noch großer Handlungsbedarf gegeben. Neben der Herausforderung, nationale Regelungen mit europäischen Regelungen zu vereinen, wird letztendlich die Frage der Finanzierung diejenige sein, die die Entwicklung der Luftrettung in Zukunft maßgeblich beeinflussen wird.

Fazit zur Luftrettung

Seit den ersten Versuchen, Hubschrauber als Rettungsmittel einzusetzen, bis heute hat die Luftrettung allein in Deutschland viele tausend Menschenleben gerettet, dabei nicht nur das individuelle Leid vieler Menschen gelindert, sondern auch den volkswirtschaftlichen Schaden, welcher zwangsläufig bei Tod oder Invalidität von Personen entsteht, begrenzt und ist aus dem Rettungsdienst nicht mehr wegzudenken! Dies ist nicht zuletzt Igor Sikorsky zu verdanken, welcher folgendes einen Tag vor seinem Tod in einem letzten Brief niederschrieb:

„I always believed that the helicopter would be an outstanding vehicle for the greatest variety of life-saving missions and now, near the close of my life, I have the satisfaction of knowing that this proved to be true.“[12]

(Sikorsky, 1972)

Quellenverzeichnis zur Luftrettung

ADAC Luftrettung GmbH. (2011). Stationsatlas »Christoph – bitte kommen!« (1. Ausg.). (A. L. GmbH, Hrsg.) München: Werner Wolfsfellner Medizinverlag.

Alinger, P. (2010). Technische Hilfeleistung – Informationen zur Unfallrettung direkt aus der Praxis. Abgerufen am 25. Dezember 2017 von Technische Hilfeleistung – Informationen zur Unfallrettung direkt aus der Praxis: http://www.technische-hilfeleistung.info/impressum/

Sikorsky Archives. (2016). Igor I. Sikorsky, historical archives. Abgerufen am 13. Dezember 2017 von Igor I. Sikorsky, historical archives: http://www.sikorskyarchives.com/igor-sikorsky-speaks-2.php

Sikorsky, I. I. (25. Oktober 1972). The Igor I. Sikorsky Historical archieves. Abgerufen am 29. Dezember 2017 von The Igor I. Sikorsky Historical archieves: http://www.sikorskyarchives.com/His_Last_Letter.php

Statistisches Bundesamt. (6. Juli 2017). Verkehrsunfälle – Zeitreihen. (DESTATIS, Hrsg.) Abgerufen am 9. Dezember 2017 von Verkehrsunfälle – Zeitreihen: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/TransportVerkehr/Verkehrsunfaelle/VerkehrsunfaelleZeitreihenPDF_5462403.pdf;jsessionid=E01CCB38885029D236BE4805E2AB3C0D.InternetLive2?__blob=publicationFile

Teuber, W. (1986). Luftrettung in der BRD – Historische Entwicklung. (A. S. Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Hrsg.) Abgerufen am 29. Dezember 2017 von Luftrettung in der BRD – Historische Entwicklung: http://www.wolfsfellner.de/1986-historische-entwicklung-der-luftrettung.html

Young, W. R., & Redaktion der Time-Life Bücher. (1985). Die Geschichte der Luftfahrt, Band „Die Hubschrauber“ (2. Ausg., Bd. Die Hubschrauber). (TIME-LIFE, Hrsg.) Amsterdam: Time-Life Bücher.


Zitationen

[1] Sikorsky, I. (o.D.). The Igor I. Sikorsky Historical Archives. Abgerufen von http://www.sikorskyarchives.com/igor-sikorsky-speaks-2.php

[2] Vgl. Young, W., & Redaktion der Time-Life Bücher (1985). Die Geschichte der Luftfahrt. Die Hubschrauber. S. 86 ff

[3] Vgl. Young, W., & Redaktion der Time-Life Bücher (1985). Die Geschichte der Luftfahrt. Die Hubschrauber. S. 104 ff

[4] Vgl. Young, W., & Redaktion der Time-Life Bücher (1985). Die Geschichte der Luftfahrt. Die Hubschrauber. S. 127

[5] Bell OH-13 MASH helicopter, Koreakrieg. Abgerufen von  https://jeremyhogan.photoshelter.com/image/I0000IJn_COnLOcA

[6] Siehe dazu: Vgl. Teuber, W. (1986). Historische Entwicklung der Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland (aus: Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland, Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Abteilung Straßenwesen, von der Bundesanstalt für Straßenwesen; Bereich Unfallforschung, Bergisch-Gladbach). S. 3. Abgerufen von http://www.wolfsfellner.de/files/1986-teuber-lr-in-der-BRD.pdf

[7] Teuber, W. (1986). Historische Entwicklung der Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland (aus: Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland, Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Abteilung Straßenwesen, von der Bundesanstalt für Straßenwesen; Bereich Unfallforschung, Bergisch-Gladbach). S. 6. Abgerufen von http://www.wolfsfellner.de/files/1986-teuber-lr-in-der-BRD.pdf

[8] Vgl. Teuber, W. (1986). Historische Entwicklung der Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland (aus: Luftrettung in der Bundesrepublik Deutschland, Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Abteilung Straßenwesen, von der Bundesanstalt für Straßenwesen; Bereich Unfallforschung, Bergisch-Gladbach). S. 7 f. Abgerufen von http://www.wolfsfellner.de/files/1986-teuber-lr-in-der-BRD.pdf

[9] Vgl. Statistisches Bundesamt. (2017, 6. Juli). Statistisches Bundesamt, Zeitreihen, 2016 [Datensatz]. Abgerufen von (Statistisches Bundesamt, 2017)

[10] ADAC Luftrettung GmbH. (2011). Stationsatlas »Christoph – bitte kommen!«. München: Werner Wolfsfellner Medizinverlag.

[11] Vgl. Alinger, P. (2010). Technische Hilfeleistung – Informationen zur Unfallrettung direkt aus der Praxis- Abgerufen von http://www.technische-hilfeleistung.info/impressum/

[12] Sikorsky, I. I. (1972, 26. Oktober). Sikorsky´s last letter [Brief]. Abgerufen von https://www.nap.edu/read/578/chapter/48

Autorenhinweis zur Lufrettung

Dieser Text basiert auf der Studienarbeit von Carsten Zillgen (http://linkedin.com/in/carsten-zillgen-368a59112), Studierender im Studiengang Aviation Business an der htw saar.

Strategische Unternehmensanalyse

Die strategische Unternehmensanalyse von Luftverkehrsunternehmen kann mit Hilfe der PEST-Analyse und der SWOT-Analyse erfolgen.

Als Analysewerkzeuge dienen die PEST- und die SWOT-Modelle zur Darstellung und als Handlungsvorlage für strategische Entscheidungen eines Unternehmens im Spannungsfeld der gegenwärtigen und zukünftigen Einflüssen der Makroumwelt, der Branche und des Marktes.

Strategische Unternehmensanalyse (PEST-Analyse, SWOT-Analyse)

Strategische Unternehmensanalyse mit der PEST-Analyse

Die PEST-Analyse, deren Weiterführungen wie „PESTLE“ im Rahmen dieses Artikels nicht betrachtet werden, dient als „sinnvoller Ausgangspunkt für die Analyse des externen Unternehmensumfeldes und der dort wirkenden Triebkräfte.“[1] Das englische Akronym steht für politische (political), wirtschaftliche (economical), sozio-kulturelle (socio-cultural) und technologische (technological) externe Einflussfaktoren, die ein Unternehmen nicht direkt beeinflussen kann. Über die reine Darstellung der Einflussfaktoren hinaus ist es möglich, aus dem PEST-Modell den Grad der Veränderungskraft, den ein Einflussfaktor auf ein Unternehmen zu einer bestimmten Sicherheit besitzt, mithilfe einer zweidimensionalen Matrix, zu visualisieren. Dann lassen sich diese Einflussfaktoren grundlegend nach ihrer Relevanz für Unternehmensentscheidungen beurteilen.[2]

Strategische Unternehmensanalyse mit der SWOT-Analyse

Im Zuge der SWOT-Analyse werden die aus der Unternehmensanalyse gewonnenen Stärken (Strenghts) und Schwächen (Weaknesses) sowie die aus der Umweltanalyse gezogenen Chancen (Oppurtunities) und Risiken (Threats) eines Unternehmens zusammengeführt. So kann also ein Unternehmen aus interner und externer Sicht systematisch betrachtet werden. Aus einer Gegenüberstellung von den Chancen und Risiken zu den Stärken und Schwächen lassen sich sogenannte „Normstrategien“ ableiten, die sich auch auf einzelne Geschäftsfelder beziehen können. Beispielshaft könnte sich die Normstrategie „Ausbauen“ aus dem Komplement Chancen und Stärken ergeben. Sie dienen als strategische Handlungsoptionen und können auch hier in einer zweidimensionalen Matrix übersichtlich dargestellt werden.[3]

Einordnung von PEST- und SWOT-Analysen in das Controlling

Das Controlling, als Teilfunktion der Unternehmensführung, hat im Wesentlichen vier Hauptaufgaben inne: Informationsbeschaffung und -versorgung, Planung, Kontrolle und Steuerung aller Bereiche eines Unternehmens.[4]

Informationsversorgung mit PEST und SWOT

Die Kernfunktion, die die vorgestellten Modelle PEST und SWOT ausführen, lässt sich zunächst auf die Darstellung von Informationen beziehen. Damit überhaupt im weiteren Verlauf einer unternehmerischen Entscheidungsfindung eine Planung stattfinden kann, können die zwei verschiedenen Analysen einen IST-Zustand des Unternehmens beschreiben. Infolgedessen lässt sich das Unternehmen in die Makroumwelt und das weitere Wettbewerbsgefüge anschaulich einordnen. Diese Einordnung geschieht problemorientiert und systematisch.

Während die PEST-Analyse eher deskriptiv fungiert und versucht, erste Ansätze und Schwerpunkte für eine eventuelle strategische Ausrichtung herauszustellen, liefert die SWOT-Analyse durch ihre Normstrategien bereits konkretere Planungs- sowie Steuerungsansätze. Die Normstrategien können als Vorlage für die Formulierung der Unternehmensstrategie dienen und bieten mitunter auch eine Strategieauswahl, jedoch keine Bewertung.

Als Kontrollfunktion bieten beide Modelle vor allem die Analysemöglichkeit, ob sich die Makroumwelteinflüsse und die eigenen Stärken und Schwächen, die im Zuge der Informationsdarstellung in den Modellen definiert wurden, gemäß den Erwartungen entwickelt haben. Weiterführend lässt sich auch determinieren, ob Unternehmensziele mit der sich entwickelten Unternehmensposition immer noch übereinstimmen.

Strategische Unternehmensanalyse anhand eines Beispiels: Die Fluggesellschaft Lufthansa Passage

Die größte deutsche Fluggesellschaft ist die Lufthansa Passage. Bezüglich der Marktanteile beförderte die Lufthansa (Gesamtkonzern) im Jahr 2014 etwa 106 Millionen Passagiere. Im Vergleich dazu stand, mit großem Abstand, die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin mit 31,7 Millionen.[5] Inzwischen musste Air berlin Insolvenz anmelden, was die Vormachtstellung der Lufthansa vergrößert. Vorwiegend versteht man unter dem Namen „Lufthansa Passage“ den Hub-to-Hub Verkehr mit den größten Drehkreuzen Frankfurt und München. Zusätzlich zu diesem Premium-Segment muss man auch die jüngeren Lufthansa Töchter Germanwings und Eurowings und weitere Regionalfluggesellschaften zählen. Insgesamt wird so mit einer Flotte von 414 Flugzeugen inner- und interkontinental operiert.[6]

 

PEST-Analyse des Premium-Segments der Lufthansa Passage

Strategische Unternehmensanalyse anhand der einwirkenden Triebkräfte und der PEST-Tabelle

Angesichts der weltweiten Präsenz des Luftverkehrs, seiner gesamtwirtschaftlichen Bedeutung national (Gesamtwirtschaftsleistung von 2,2% gemessen am deutschen Bruttoinlandsprodukt 2012)[7] wie international und der Geschwindigkeit, mit der sich unsere Welt in vielerlei Hinsicht verändert, ist das Spannungsfeld der externen Einflussfaktoren auf ein Luftfahrtunternehmen und somit auch für die Lufthansa Passage drastisch und zugleich sehr vielschichtig. Hier ist für die strategische Unternehmensanalyse das Modell PEST sehr geeignet, um den Einfluss der Makroumwelt auf das Unternehmen zu skizzieren.

 

Übersicht zur Lufthansa Passage

Tabelle 1: PEST Tabelle Lufthansa Passage

PolitischWirtschaftlich
Deutsche Steuergesetzgebung*

Wettbewerbsregulierung der EU

Politische Stabilität

Weltwirtschaftswachstum

Treibstoffpreisentwicklung*

Wechselkursentwicklung

Sozio-KulturellTechnologisch
Situation am Arbeitsmarkt

Reiseverhalten/Mobilitätsbedarf

Anforderungen der Generation Y*

Neue Flugzeugtechnologien

Cyber Risk*

Technische Betriebsrisiken

*= In Abbildung 1 weiterführend dargestellt

Quelle: Eigene Darstellung

 

PEST-Analyse: Politische Analyse

Der Luftverkehr ist gegenwärtig auf internationaler, nationaler und sogar auf kommunaler Ebene politisch verschieden ausgeprägt reguliert. Dieses Gefüge wird zusätzlich von politischen Unstabilitäten und wachsender Präsenz internationalen Terrors zunehmend beherrscht.

Die von der Bundesregierung erhobene Luftverkehrssteuer benachteiligt die lokale Luftfahrtindustrie mit zusätzlich 1 Mrd. Euro jährlich. In anderen europäischen Ländern herrschen ähnliche Besteuerungsmodelle.[8] Ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für die Lufthansa Passage, deren Heimatmarkt Europa ist. Ob sich die Bundesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag den „Erhalt der Wirtschaftlichkeit“[9] des Luftverkehrs propagiert, angesichts der wachsenden Herausforderungen an den Bundeshaushalt von der Luftverkehrssteuer abwenden können wird, ist ungewiss.

Der Wettbewerb in der europäischen Luftfahrtindustrie wird zunehmend durch die zurückgehenden staatlichen Unterstützungen für Fluggesellschaften und das wettbewerbsrechtliche Eingreifen, sprich Regulierung der Europäischen Kommission, geprägt. Es können sich also zunehmend freie Marktkapazitäten und Erfolgspotenziale durch den Wegfall anderer Mitwettbewerber am Markt entwickeln.[10]

Die politische Stabilität, die durch Kriege, Terrorgefährdungen und andere globale Ereignisse gefährdet ist, besitzt natürlich einen negativen Einfluss auf die Nachfrage am Produkt der Lufthansa Passage.[11] Es kann anhand Ereignisse der jüngeren Vergangenheit und aktueller Medienberichterstattung behauptet werden, dass politische Stabilität von Tag zu Tag schwieriger zu wahren und wiederherzustellen ist.

 

PEST-Analyse: Wirtschaftliche Analyse

Sowohl für private als auch geschäftlich motivierte Flugreisen ist Wirtschaftswachstum eine antreibende Determinante für wachsendes Nachfrageaufkommen.[12] Damit ist sie auch für die strategische Unternehmensanalyse unverzichtbar. Aus dem Prognosebericht der Lufthansa geht hervor, dass sie ein globales Wirtschaftswachstum zwischen 2,5 und 3,2 Prozent für 2016 erwartet.[13] Man geht also, auch gestützt durch die positiven Prognosen der IATA[14], von branchenüblicher steigender Nachfrage aus.

Die Preisentwicklung des Kerosins im vergangenen Jahr wirkte zweifelsohne erheblich kostensenkend. Dies wirkt sich positiv auf die strategische Unternehmensanalyse aus. Der Preis für den Treibstoff ist mit „17,2 % der betrieblichen Aufwendungen“[15] ein erheblicher Kostentreiber für die gesamte Lufthansa Group. Durch ein System des Rohöl-Hedging reagiert die Lufthansa auf die Preisdynamik des Rohöls und nimmt auch in Kauf, nicht vollkommen am vorteilhaften Preisabfall zu partizipieren. Gleichzeitig schützt dies aber auch vor Preisanstieg.[16] Es ist also als risikominimierendes und in gewissem Maße als träges System zu verstehen, was sich unmittelbar mindernd auf den Einfluss auf die Kostenrechnung der Passage ausübt.

Da sämtliche Verkäufe und Einkäufe, beispielsweise von Flugtickets, Kerosin oder den Fluggeräten selber international stattfinden, resultieren für die Lufthansa Passage „Fremdwährungsrisiken“[17]. Analog zu dem Rohölpreis werden hier als Absicherungs-maßnahme Währungssicherungen, sog. „natural hedging“, getroffen.[18]

 

PEST-Analyse: Sozio-Kulturelle Analyse

In den Ballungsregionen der Drehkreuze Frankfurt und München hat die Lufthansa zunehmend Probleme, ausreichend Personal zur Bereederung ihrer Kabinencrews zu finden und einzustellen.[19] Die Situation am Arbeitsmarkt, charakterisiert durch eine gute Beschäftigungsgesamtsituation, in Kombination mit den geringen Gehältern der Flugbegleiter sorgt sogar für eine Reduktion der Kabinencrewstärke[20] und somit gezwungener Maßen auch zu einem Qualitätsverlust am Produkt.

Da die Globalisierung stetig fortschreitet und einhergehend der Mobilitätsbedarf der Menschen und das Reiseverhalten positiv beeinflusst werden, wird auch auf dieser Grundlage für die Lufthansa Passage von weiter steigender Nachfrage in der Luftfahrtbranche ausgegangen.[21]

Die Anforderungen der heranwachsenden Generation Y[22], aus Sicht von Kunden aber auch Mitarbeitern, prägen und verändern die Entwicklung gesellschaftlicher Anforderungen und Werte. Flexiblere Arbeitsgestaltung, Digitalisierung und Diversifikation sind nur einige Schlagworte für diesen wesentlichen Trend und für die Aufgaben des Personalmanagements.[23]

 

PEST-Analyse: Technologische Analyse

Die neuen Flugzeugtechnologien zeichnen sich vor allem durch erhöhte Treibstoffeffizienz und Reduzierung der Lärmemission aus. Sie können die ökologische Nachhaltigkeit und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Fluggesellschaft steigern.[24]

In einer Branche, in der in fast allen Bereichen die Informationstechnologie zum Einsatz kommt und der Einfluss dort immer noch wächst, gewinnt die Thematik IT-Sicherheit noch mehr an Bedeutung. Dass die Gefahr von Cyber-Bedrohungen omnipräsent ist, dürfte einem Jeden aus dem Privaten bekannt sein. Umso größer sind der Einfluss und zugleich auch die Fallhöhe, die Cyber-Bedrohungen für eine Fluggesellschaft, deren oberstes Ziel die Sicherheit in allen Geschäftsbereichen ist, darstellen. Der Einflussbereich der IT-Sicherheit gilt hier vor allem dem Datenschutz, der für die Lufthansa Passage bei falschem Umgang rufschädigend oder zahlungsverpflichtend werden könnte.[25]

Technische Betriebsrisiken, die den geplanten Flugbetriebsablauf verändern und zum temporären Entzug der Flugtauglichkeit von Fluggeräten führen können wie z.B. Triebwerksbeanstandungen, erweisen sich nicht nur im immer härteren Wettbewerb mit anderen Fluggesellschaften als Nachteile. Vor allem aber wirken sie sich auf den zukünftigen Kaufentscheid der Kunden negativ aus. Das technische Betriebsrisiko lässt sich von den Airlines bis zu einem gewissen Maße steuern. Durch die „deutliche Verschärfung der Haftung der Airlines für Verspätungen“[26] hängt aber von dem technischen Betriebsrisiko unmittelbar ein externer Einflussfaktor ab.

Einordnung in eine PEST-Matrix

Wie eingangs angedeutet, lassen sich nun die einzelnen herausgearbeiteten Faktoren in ein zweiachsiges Koordinatensystem übertragen. Diese werden nach den Achsenbezeichnungen „Eintrittswahrscheinlichkeit (eines Einflussfaktors)“ und „Auswirkung (eines Einflussfaktors) auf das Unternehmen“ eingeordnet. Jetzt ist die Möglichkeit geschaffen, erste Aussagen über die Relevanz eines Faktors für Unternehmensentscheidungen zu treffen. Anhand von vier ausgewählten Faktoren (aus Tabelle 1, mit einem * gekennzeichnet) aus den vier Bereichen der PEST-Analyse ist dieses angefertigt worden (siehe Abb. 1).

Strategische Unternehmensanalyse: PEST-Analyse Lufthansa

Abbildung 1: Einflussfaktoren und deren Auswirkungseigenschaften

Quelle: Eigene Darstellung (In Anlehnung an: Recklies, Dagmar (2006), themanagement.de)

 

Beurteilung der Ergebnisse der PEST-Analyse

Faktoren, deren Auswirkungen eher gering für das Unternehmen sind, und die, deren Eintrittswahrscheinlichkeit gering ist (grau hinterlegt), gelten als „weniger wesentliche Faktoren, die weniger relevant für weitere Untersuchungen“[27] sind. Im oberen rechten Quadranten (weiß hinterlegt) befinden sich jedoch die Einflussfaktoren, die „wesentlich und relevant für weitere Untersuchungen“[28] sind.

SWOT-Analyse des Premium-Segments der Lufthansa Passage

Um die Lufthansa Passage in das Modell SWOT einzuordnen, bedarf es zunächst Chancen und Risiken, gewonnen aus einer Umweltanalyse (Globale Umwelt-, Branchen-, Markt-, Konkurrenz- und Kundenanalyse), und eigene Stärken und Schwächen aus einer Unternehmensanalyse (Geschäftsmodell-, Ressourcen- und Kompetenzanalyse) herauszuarbeiten.[29]

Tabelle 2: Chancen und Risiken Lufthansa Passage

AnalyseChancenRisiken
Globale UmweltGenerelles Welt-wirtschaftswachstum

Entwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern

Staatliche Haus-haltskonsolidierungen

Destabilisierende Wirkung der Ölpreisentwicklung

Gesamtpolitische Instabilität

BrancheAnstieg RPK[30] nach IATANachhaltige Überkapazitäten

Schwache relative RPK-Prognosen für Europa

Umweltrisiken/Pandemien

MarktAbnehmende Bereitschaft zur staatlichen Unterstützung

EU Regulierungsmaßnahmen

Erwartete Markt-konsolidierungen

Potentielle Übernahmen*

Massiver Kapazitätsaufbau im Nahen Osten

Starke Marktfragmentierung*

Weitere Verschärfung von Vorschriften und Gesetzen*

Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt*

KonkurrenzFusionen/Joint Ventures

Erwartete Marktabgänge*

Veränderung Allianzstruktur*

Verlangsamte Marktabgänge

Regulatorische Wettbewerbssituation

KundenWachstum Mobilitätsbedarf*

Wachsende Star Alliance

Konvergenz der klassischen Geschäftsmodelle

Steigende Forderung nach Nachhaltigkeit*

Intermodale Kooperationen

Bestehende Preissensibilität
*= In Abbildung 2 weiterführend dargestellt

Quelle: Eigene Darstellung (In Anlehnung an: Dillerup/Stoi (2013), S. 273)

Strategische Unternehmensanalyse: Chancen und Risiken

Chancen, die sich für die Lufthansa Passage aus einer Analyse der Unternehmensumwelt ergeben, sind im Allgemeinen durch das anhaltende Wachstum des weltweiten Luftverkehrs[31], des damit verbundenen steigenden Mobilitätsbedarfs[32] und der wachsenden Weltwirtschaft[33] charakterisiert. Den Trend des Wachstums belegt auch die IATA mit ihren Zahlen und attestiert den steigenden Anstieg im Absatz der RPK in ihrer Marktanalyse.[34] Zugleich nimmt die Nachfrage nach Privatreisen und die Anzahl wohlhabender Menschen in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu, sodass auch hier neue Marktpotentiale entstehen. Am Markt der Privatreisen gilt es, zielgerichteter am Marktwachstum zu partizipieren und das touristische Angebot auszubauen.[35] Resultierend aus dem wachsenden Einfluss, den die EU in marktregulatorischer Sicht aufbaut, gepaart mit der verringerten Bereitwilligkeit der Staaten zur Subventionierung insolventer Fluggesellschaften, erwartet Lufthansa entstehende Marktpotentiale und -lücken. Hier gilt es für die Passage „Größenvorteile zu realisieren und ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln“[36]. Dies kann ebenfalls durch Übernahmen oder Fusionen geschehen.[37]

Neue Potenziale resultieren wiederum auch aus dem neuen System der „separaten Bepreisung bisheriger Inklusivleistungen, beispielsweise bei der Gepäckaufgabe“[38], die in Form von Zusatzerlösen das Ergebnis der „Konvergenz der Geschäftsmodelle“[39] sind. Als Trend im Kundenprofil ist erkennbar, dass Nachhaltigkeit einer Fluggesellschaft ein immer wichtiger werdender Kauffaktor ist.[40] Weiterhin können „intermodale Kooperationen mit Betreibern anderer Verkehrsträger, beispielsweise Bahn- und Fernbusbetreibern, zusätzliche Marktchancen innerhalb Europas darstellen. Derartige Partnerschaften bieten die Möglichkeit, Passagiere durch ein nahtloses Reiseerlebnis“[41] zu binden.

Neben dem derzeit wacklig wirkenden Fundament, das die politische Stabilität im Heimatmarkt der Lufthansa Passage bildet, ist es vor allem die ungleiche Verteilung des Wachstums innerhalb der Branche, der unverhältnismäßig starke regulatorische Eingriff in den Wettbewerb in Europa durch die Politik samt anderer Meinungsvertreter und deren zu erwartende Wirkung auf die Passage, die ausdrücklich risikobehaftet sind. „Das geopolitische Risiko steigt [auch], weil sich die Preisentwicklung in einer Reihe von Ländern destabilisierend auswirkt, deren Haupteinnahmequelle der Erdölexport ist.“[42] Überdies gilt zu beachten, dass die Branche zwar generellem Wachstum unterliegt, aber dieser in Europa verhältnismäßig schwach ausfällt. Im Gegensatz zum Nahen Osten wachsen die RPK hier nur im einstelligen Prozentbereich. Staatliche Haushaltskonsolidierungen verfälschen das System der Marktwirtschaft zusätzlich und bilden so eine Gefahr für das erwartete Wachstum.[43]

Als Reaktion auf das erwartete Wachstum wird das Kapazitätsangebot, sprich Flugzeugneubestellungen, erhöht. Was aber zugleich das Risiko „nachhaltiger Überkapazitäten“[44] auslöst.

Dass Marktwachstum vor allem im Nahen Osten stattfindet, belegen nicht nur die Zahlen der IATA. Hier herrscht eine ganz andere regulatorische Wettbewerbssituation und die massive Kapazitätenbildung wird staatlich forciert. In Europa ist die Branche weitestgehend fragmentiert und so besitzen die fünf größten Airlinekonzerne weniger als die Hälfte des Marktanteils. Als Vorbild gilt die amerikanische Branche, in der es rund 90 Prozent Marktanteil sind. Einhergehend fällt die Gesamtprofitabilität dort signifikant besser aus.[45]

Weitere Risiken birgt der Wandel des Arbeitsmarktes. Nach und nach entwickelt sich ein Überangebot an Arbeitsplätzen, was wiederum Mangel an qualifiziertem Personal bedeuten kann.[46] Da die Lufthansa Passage weltweilt verteilte Zielmärkte besitzt, ist sie natürlich stark erlösabhängig von dem funktionierenden Netzwerk ihrer Verbundsallianz. Das erwartete Marktauscheiden der Konkurrenz wird derzeit durch den niedrigen Treibstoffpreis verlangsamt.[47] Risikobehaftet ist aufgrund des wachsenden Preisdrucks auch die bestehende hohe Preissensibilität der Kunden.[48] Parallel bestehen zu diesen wirtschaftlichen Risiken die Gefahren, die sich negativ auf die Nachfrage im Passagierluftverkehr auswirken, wie Umweltkatastrophen, Pandemien, Präsenz von Terrorbedrohungen und politische Konflikte anderer Art.[49]

Tabelle 3: Stärken und Schwächen Lufthansa Passage

AnalyseStärkenSchwächen
Relative Stärken/SchwächenMarktanteile/Größenvorteil*

Hohes fachliches Niveau der Mitarbeiter

Heimatmarkt stark reguliert*

Innerbetriebliche Vertrauens-basis

Streikrisiko und Folgen*

GeschäftsmodellStar Alliance*

Gezielte Erweiterung über klassische Airline hinaus

Point-to-Point Ergänzung durch Eurowings

Intermodale Kooperationen

Neueste Produktgeneration

Abhängigkeit von Investment Grade Ratings

Abschaffung des First Class Produktes auf Strecken

RessourcenMarkteinführung neuer Flugzeugtechnologien*

Potenz zur Übernahme*

Flottenbestellungen

Wirtschaftspolitische Möglichkeiten des Dt. Staates
KompetenzenFlugsicherheitsniveau (JACDEC Ranking[50])

Irregularity Reaktionspotential

Relativ hohe Anzahl an Potentialkompetenzen*

Nachholbedarf für ökologischeres Fliegen*

*= In Abbildung 2 weiterführend dargestellt

Quelle: Eigene Darstellung

Strategische Unternehmensanalyse: Stärken

Stärken der Lufthansa resultieren vor allem aus der Größe der Marktanteile und dem sich damit ergebenden Ressourcenvorteil und monetären Möglichkeiten. Neben dem dichten Netzwerk der Star Alliance wird das Geschäftsmodell der Passage vor allem durch seine fachlich hochqualifizierten Mitarbeiter getragen.[51]

Die bestehenden intermodalen Kooperationen mit ihrem Differenzierungspotential sind ein Beispiel für die gezielten Erweiterungen, die die Lufthansa Passage versucht über das konventionelle Verständnis einer Airline hinaus zu erzeugen. Der klassische Hub-Verkehr wird durch die neue Eurowings und ihrem dezentralen Point-to-Point Verkehr ergänzt, um Marktanteile auch im Bereich der Low-Cost-Airlines zu generieren. Durch die abgeschlossene Implementierung der neuesten Produktgenerationen, gerade im Langstreckensegment, kann stärker auf das Kundenprofil eingegangen werden.[52] Auch außerhalb der Kabine wird das Produkt durch die modernsten Flugzeugtechnologien wie die A350 oder A320neo von Airbus deutlich effizienter, nachhaltiger und fortschrittlicher gestaltet.[53] Zudem bedeuten die ausstehenden Flugzeuglieferungen „geeigneten Spielraum, um von den Marktentwicklungen zu profitieren“[54]. Kernkompetenz der Lufthansa Passage ist ihr Flugsicherheitsniveau. Dies ist nicht nur durch das konstant gute JACDEC Safety Report Ranking[55] oder die Reaktionsstärke auf Irregularities[56] im Flugbetrieb der Vergangenheit belegt.

Strategische Unternehmensanalyse: Schwächen

Viele Schwächen, die sich bei der Unternehmensanalyse ergeben, sind „hausgemacht“. Über die innerbetriebliche Vertrauensbasis, die auf vielen Ebenen Verbesserungsbedarf hat[57], hinaus ist es vor allem der Heimatmarkt, der die Lufthansa Passage schon im Grundlegenden mit Steuergesetzen oder Flugzeiteinschränkungen im Vergleich zu den globalen Wettbewerben benachteiligt. Zudem sind die wirtschaftspolitischen Möglichkeiten des deutschen Staates nicht so ausgeprägt wie die des Nahen Ostens. Das für den Kunden schwer hervorzusagende Auftreten der Arbeitskämpfe innerhalb der Passage bewirkte in der jüngeren Vergangenheit Erlöseinbußen. Ausdrücklich weil Tarifkonflikte zum Großteil noch nicht beigelegt sind und das Buchungsverhalten der Kunden entsprechend empfindlich reagiert.[58] Um das Geschäftsmodell auch weiterhin mit Investitionen zukunftsweisend auszurichten, ist die Passage, wie der gesamte Konzern, abhängig von den positiven Bewertungen der Rating Agenturen.[59]

Im „preissensiblen Segment“[60], was einige Strecken nach Asien, aber auch in die USA bedeutet, wird künftig ohne First Class geflogen. Hier wird die Passage ihrem Anspruch und dem der Kunden an ein Premiumprodukt und einer 5-Sterne-Airline nicht gerecht. Sie erlaubt zugleich Produktvorteile und Differentierungspotentiale bei Wettbewerbern. Eine generelle Schwäche der Lufthansa ist die relativ hohe Anzahl an Potentialkompetenzen. Also Kompetenzen, die die Lufthansa gut beherrscht, aber gegenüber dem Kunden nur einen geringen Nutzen bringen.[61] Die eigene Flugschule, die hohe Qualität und Sorgfalt der Personalausbildung oder der große Apparat der mitbestimmenden Gremien der Personalabteilung sind nur wenige Beispiele. Natürlich rühmt sich die Lufthansa zu Recht mit der hohen Kompetenz ihrer Piloten, der Servicequalität oder dem Fachwissen ihrer Bodenmitarbeiter oder ist das System der Betriebsräte und Gewerkschaften auch ein Spiegel sozialer Wertschöpfung der deutschen Arbeitnehmer. Der Kunde schätzt dieses aber nicht in entsprechendem Maße wert. Andere Airlines, zugegeben unter besseren Grundvoraussetzungen, fliegen ebenso sicher von A nach B und die miserablen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in anderen Ländern werden durch die Wirkung der Tiefpreise von den Kunden größtenteils ignoriert. Weiterhin hat die Passage bei der Thematik „Grünes Fliegen“ Nachholbedarf. Das International Council for Clean Transportation (ICCT) stellt ihr ein schlechtes ökologisches Zeugnis aus.[62]

SWOT-Matrix und Ableitung des strategischen Handlungsbedarfs

Mithilfe einer SWOT-Matrix lassen sich die ausgewählten Chancen und zu den Stärken und Schwächen Risiken (mit einem * gekennzeichnet) priorisiert gegenüberstellen. Im Anschluss lassen sich Normstrategien für den strategischen Handlungsbedarf ableiten.[63]

Chancen Risiken Lufthansa

Abbildung 2: SWOT-Matrix Lufthansa Passage

Quelle: Eigene Darstellung (In Anlehnung an: Dillerup/Stoi (2013), S. 273 f.)

 

Schlussfolgerung und Zusammenführung der gewonnenen Ergebnisse

Interpretation der PEST-Matrix

Anhand der PEST-Matrix (siehe Abb. 1) lässt sich zunächst erkennen, dass das Makroumfeld der Lufthansa Passage keine externen Faktoren aufweist, die geringen Einfluss auf das Unternehmen ausüben können. Alle aufgeführten Störgrößen, die frühzeitig als solche erkannt werden müssen, sind für das Unternehmen relevant und deren Veränderung richtungsweisend. Vor allem die Treibstoffpreisentwicklung ist Sinnbild für Einflussgrößen, die gegenwärtig positiv wirken, aber aufgrund der herrschenden Marktdynamik dem Unternehmen erheblich wirtschaftlich zusetzen können. Die Anhäufung der vier Einflussfaktoren im oberen rechten Quadranten deutet darauf hin, wie intensiv und vielschichtig die Anforderungen des heutigen Luftverkehrsmarktes und damit der herrschende Wettbewerbsdruck, für die Passage sind.

Strategischer Handlungsbedarf aus der SWOT-Matrix

Gemäß dem Leitsatz „Stärken betonen, Schwächen vermeiden“[64] können die in der SWOT-Matrix (siehe Abb. 2) entwickelten Normstrategien aufgefasst und umgesetzt werden.

S-O-Strategien: Durch die Möglichkeit zur Übernahme und in Teilen auch aufgrund der anderen Stärken sollte die Lufthansa Passage die Chancen der potentiellen Übernahmen und Marktabgänge mit dem Ausbau ihrer Marktanteile durch Übernahmen und Angebotsausbau beantworten.

W-O-Strategien: Um die hohe Anzahl ihrer Potentialkompetenzen zu reduzieren und dem Trend der Nachhaltigkeit zu folgen, sollte die Passage entsprechende Kernkompetenzen generieren und ihre ökologische Bilanz verbessern.

S-T-Strategien: Zur Vermeidung einer Schädigung der Strukturen der Star Alliance und weiterer lähmender Regulierung des Wettbewerbs sollte die Lufthansa ihr Allianzbündnis kräftigen. Ihr wirtschaftliches Gewicht sollte die Lufthansa sich noch einflussreicher auf der politischen Ebene einbringen und aktiver Deregulierungen fordern.

W-T-Strategien: Um zukünftigen Arbeitnehmermangel und das schwebende Streikrisiko zu vermeiden bzw. zu reduzieren, gilt es für die Passage, dringend ihre Arbeitgeberattraktivität nachhaltig zu steigern und alternative sowie innovative Rekrutierungsmethoden zu erproben.

 

Integration der Analysemodelle und Schlussfolgerung

Im Kern verbunden durch mehrere Schnittmengen, die die externen Einflussfaktoren mit den Chancen und Risiken gemein haben, zeichnen die durchgeführten PEST- und SWOT-Analysen ein weitgreifendes Bild der gegenwärtigen und vor allem zukünftigen Marktsituation, das durch mannigfaltige und extreme Anforderungen charakterisiert ist. Trotz des Umfangs der Situation greifen beide Modelle gut und liefern die Funktionen ab, die sich aus der Einordnung in das Controlling ergaben.

Zusammenfassend fordern die Ergebnisse die bestehende Finanzbasis weiter zu stärken bzw. auszubauen und die Kostenstruktur in der Passage und im Mutterkonzern zu senken, um die Wettbewerbsfähigkeit im verschobenen Wettbewerb nicht zu verlieren. Wettbewerbsfähigkeit bedeutet heutzutage auch, dass man als Arbeitgeber auf dem Arbeitnehmermarkt eine der führenden bestimmenden Positionen übernehmen kann. In einem anfallenden organisatorischen Wandel sollten die Mitarbeiter als Betroffene eingebunden werden. Ihre Rolle als strategischer Erfolgsfaktor wird in seiner Bedeutung wachsen. Gleichzeitig gilt es, das Prädikat „Premium“ auf allen Unternehmensebenen zu wahren. Auf die derzeitig unruhige politische Lage kann man keinen deeskalierenden Einfluss nehmen. Man muss sich in der Unternehmensführung dennoch den sehr traurigen Szenarien stellen, denen z.B. die Turkish Airlines jüngst durch Akte des Terrors gegenüber getreten ist.

Das Management der Lufthansa Passage muss sich der Relevanz vieler Themengebiete, die der Markt an eine moderne Fluggesellschaft aus Europa stellt, bewusst sein und ihr strategisches Handeln entsprechend umfangreich und variabel ausführen.

Quellenverzeichnis

Beiträge aus Printquellen

Bundesverband der Deutschen Verkehrswirtschaft BDL: Report 2013 – Luftfahrt und Wirtschaft, Berlin, 2014.

Conrady, Roland/Fichert, Frank/Sterzenbach, Rüdiger: Luftverkehr: Betriebs-wirtschaftliches Lehr und Handbuch, München, 2013.

Deutsche Lufthansa AG: Lufthansa Geschäftsbericht 2015, Köln, 2016.

Dillerup, Ralf/ Stoi, Roman: Unternehmensführung, München, 2013.

Pompl, Wilhelm: Luftverkehr, Heilbronn, 2007.

Springer Gabler: Kompakt-Lexikon Wirtschaft, Wiesbaden, 2014.

Beiträge aus Internetquellen

Aero.de: http://www.aero.de/news-24177/Lufthansa-findet-weiter-kaum-neue-Flugbe
gleiter.html.

Aero.de: http://www.aero.de/news-24062/Lufthansa-duennt-wegen-Personalmangels-L
angstrecken-Crews-aus-.html.

CDU, CSU und SPD: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/
2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf?__blob=publicationFile.

FOCUS Online: http://www.focus.de/reisen/flug/airberlin-auf-platz-2-lufthansa-landet-auf-dem-vorletztem-platz-das-ist-die-gruenste-fluggesellschaft_id_5093482.html.

IATA: http://www.iata.org/whatwedo/Documents/economics/passenger-analysis-mar-2016.pdf.

JACDEC: http://www.jacdec.de/airline-safety-ranking-2016/.

Recklies, Dagmar: http://www.themanagement.de/Management/PEST-Analyse.htm.

Statista GmbH: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/4367/umfrage/deutsche-fluggesellschaften-nach-anzahl-der-passagiere/.

Statista GmbH: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/197039/umfrage/veraen
derung-des-weltweiten-bruttoinlandsprodukts/.

Steingart, Gabor: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/luftverkehr-airbus-prognostiziert-starkes-wachstum-des-luftverkehrs/4623396.html.

Weisflog, Denise: https://www.travelnews.ch/business-travel/1759-mobilitaetsanspru
eche-und-airline-tarife-sorgen-fuer-kopfzerbrechen.html.

 

Einzelquellen

[1] Recklies, Dagmar (2006), themanagement.de.

[2] Vgl. Recklies, Dagmar (2006), themanagement.de.

[3] Vgl. Dillerup/Stoi (2013), S. 271 f.

[4] Vgl. Springer Gabler (2014), S. 109.

[5] Vgl. Statista GmbH (2016), de.statista.com.

[6] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 46.

[7] Vgl. Bundesverband der Deutschen Verkehrswirtschaft BDL (2014), S. 16.

[8] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 75.

[9] CDU, CSU und SPD (2013), S. 46.

[10] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73.

[11] Vgl. ebenda.

[12] Pompl, Wilhelm (2007), S. 205 – 207.

[13] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 86.

[14] IATA: International Air Transport Association. Dachverband der Fluggesellschaften.

[15] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 77.

[16] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 77.

[17] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 78.

[18] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 78.

[19] Vgl. Aero.de (2016), aero.de.

[20] Vgl. ebenda.

[21] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73.

[22] Generation Y (kurz: „Gen Y“): Die Soziologie zählt den Teil der Bevölkerung, der um das Jahr 2000 zu den Teenagern zählte, zur Generation Y.

[23] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 80.

[24] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 74.

[25] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 82.

[26] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 81.

[27] Recklies, Dagmar (2006), themanagement.de.

[28] Recklies, Dagmar (2006), themanagement.de.

[29] Vgl. Dillerup/Stoi (2013), S. 260 – 273.

[30] RPK: Revenue Passenger Kilometres. Maßzahl für das Passagiervolumen, das eine Airline befördert.

[31] Vgl. Steingart, Gabor (2011), handelsblatt.com.

[32] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73.

[33] Vgl. Statista GmbH (2016), de.statista.com.

[34] Vgl. IATA (2016), iata.org.

[35] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 74.

[36] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73.

[37] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73.

[38] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 74.

[39] Ebenda.

[40] Weisflog, Denise (2016), travelnews.ch.

[41] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 74.

[42] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 86.

[43] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 86 f.

[44] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 75.

[45] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73 – 76.

[46] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 81.

[47] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73 f.

[48] Vgl. Conrady/Fichert/Sterzenbach (2013), S. 344.

[49] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 73.

[50] JACDEC Ranking: Airline Safety Ranking des Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre.

[51] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 81.

[52] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 46.

[53] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 74.

[54] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 74.

[55] JACDEC (2016), jacdec.de.

[56] Irregularities (kurz: „Irregs“): Abweichungen vom regulären Flugbetrieb. Bedingt beispielsweise durch Flugstreichungen, Unwetterlagen oder gar Krisensituationen.

[57] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 81.

[58] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 47.

[59] Vgl. Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 79.

[60] Lufthansa Geschäftsbericht 2015 (2016), S. 47.

[61] Vgl. Dillerup/Stoi (2013), S. 270.

[62] FOCUS Online (2015), focus.de.

[63] Vgl. Dillerup/Stoi (2013), S. 272 f.

[64] Dillerup/Stoi (2013), S. 272.

Streckenergebnisrechnung – Netzergebnisrechnung

Die Streckenergebnisrechnung und die Netzergebnisrechnung sind wichtige Werkzeuge zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von Flugstrecken. Dabei basieren beide Methoden auf dem Prinzip der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung.

Aviation Business Streckenergebnisrechnung Netzergebnisrechnung

Grundlagen Deckungsbeitragsrechnung

Der Deckungsbeitrag (DB) errechnet sich aus den Erlösen abzüglich der variablen Kosten. Die Fixkosten werden nicht in die Rechnung mit einbezogen. Ziel ist es, Erlöse und Kosten verursachungsgerecht Kostenstellen zuzuordnen.[1] Der DB zeigt an, in welcher Höhe ein Kostenträger (Produkt oder Dienstleistung) die Fixkosten deckt.[2] Bei der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung werden die Fixkosten in einzelne Blöcke unterteilt und schrittweise (zusätzlich zu den variablen Kosten) von der Umsatzerlöse subtrahiert. Übliche Fixkostenblöcke sind produktfixe, bereichsfixe und unternehmensfixe Kosten.[3] In der Luftfahrt führt eine Variante der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung zur Streckenergebnisrechnung (SER). Das Produkt und damit der Kostenträger ist ein bestimmter Flug (ein Leg).[4] Die Fixkosten werden in vier Blöcke aufgeteilt: direkte Fixkosten, Stationsfixkosten, Verkaufskosten und Verwaltungskosten.[5] Die Streckenergebnisrechnung ist eine Kostenträgerstückrechnung und gehört zum internen Rechnungswesen.[6] Werden Erlöse und Kosten über mehrere Perioden betrachtet, erhält man eine Kostenträgerzeitrechnung.[7] In diesem Artikel lernen Sie die Strecken- und Netzergebnisrechnung kennen. Zusätzlich erfahren Sie, welche Entscheidungen das Management aus einem Ergebnis ableiten kann.

Streckenergebnisrechnung

Die Streckenergebnisrechnung ist ein Steuerungsinstrument des Controllings und daher für die Profitabilität einer Airline eine grundlegende Voraussetzung.[8] Das Controlling erhält durch sie wichtige Informationen zur Steigerung der Rentabilität der Airline. Es lässt sich somit mit ihr die Wirtschaftlichkeit steuern und kontrollieren.[9] Im Gegensatz zur normalen Deckungsbeitragsrechnung werden bei der Streckenergebnisrechnung auch die Fixkosten verschiedenen Kostenträgern zugeteilt. Hierfür sind Schlüsselungen zu benutzen, die eigentlich in der Deckungsbeitragsrechnung nicht vorgesehen sind. Dadurch geht die vorrangige Funktion der einfachen DB-Rechnung verloren: Kosten verursachungsgerecht zuzuordnen.[10] Voraussetzungen für das Errechnen des Streckenergebnisses sind die Erfassung der technischen Leistung, der Kosten und der Erlöse. Die technische Leistung ist der mit Preisen bewertete Output des Unternehmens. Bei der Kostenerfassung werden anhand von Schlüsselgrößen die Kosten auf einzelne Träger zugerechnet. Die Erlöse lassen sich nur bei Lokalverkehr verursachungsgerecht zuteilen. Bei Umsteigepassagieren benötigt man eine weitere Schlüsselung. Aufteilungsverfahren hierfür sind Provisio und Prorate. [11]

Funktionen der Streckenergebnisrechnung

Ermittlungsfunktion: Die Kosten werden verschiedenen Kostenträgern zugeteilt. Folglich lässt sich erkennen, wer wie viele Kosten verursacht hat. Das Streckenergebnis stellt monetär bewertete Leistungen abzüglich der Kosten dar. Es dient bei Airlines als Betriebsergebnis.[12]

Analysefunktion: Die Streckenergebnisrechnung liefert Leistungsmengen, Erlöse, Kosten und Ergebnis einer Strecke.[13] Diese Daten können verwertet werden, um Stärken, Schwachstellen und Tendenzen zu analysieren. Dies ist wichtig als Grundlage für Verbesserungsmaßnahmen.[14]

Vorgabefunktion: Mit Hilfe der analysierten Daten werden Änderungen eingeleitet, wie z.B. eine Frequenzveränderung einer Strecke oder eine Flugzeuginvestition.[15]

Kontrollfunktion: Durch Gegenüberstellung von Soll und Ist wird der Erfolg kontrolliert. Es lassen sich auch genaue Vergleiche zu den Vorjahren bzw. –monaten darstellen. Bei durchgeführten Änderungsmaßnahmen kann man die gewünschte Wirkung kontrollieren.[16]

Prognosefunktion: Auch als Planungsinstrument kommt die Streckenergebnisrechnung im Management zum Einsatz.[17] Mit Hilfe der Daten von Erlösen, Kosten und Ergebnissen vergangener Perioden lassen sich diese für die nächsten Perioden schätzen. Vor allem in der Finanzplanung sind diese Prognosen von wichtiger Bedeutung.[18]

Sonderfunktionen: Die IATA (International Air Transport Association) und andere Interessensverbände benutzen die Streckenergebnisrechnung als Datengrundlage für Statistiken. Auch als Verhandlungsinstrument für multilaterale Abkommen werden diese Daten verwendet.[19] Zudem erfüllt die Airline mit der Streckenergebnisrechnung gesetzlich vorgeschriebene Prüfungsverpflichtungen.[20]

Koordinationsfunktion: Durch das gemeinsame Ziel, das Streckenergebnis zu verbessern, ist eine koordinierte Zusammenarbeit verschiedener betrieblicher Bereiche im Unternehmen notwendig.[21]

Aufbau einer Streckenergebnisrechnung

Die vier Deckungsbeiträge der Streckenergebnisrechnung werden in Reihenfolge der Beeinflussbarkeit von den Erlösen subtrahiert.[22]

Aviation Business Kennzahlen im Luftverkehr - Streckenergebnis

Deckungsbeitrag I:

Der DB I besteht (wie auch die einfache Deckungsbeitragsrechnung) aus der Differenz von Erlöse und direkten variablen Kosten. Für das Produkt Flug werden diese unterteilt in beförderungsabhängige und flugerereignisabhängige Kosten. Beförderungsabhängige Kosten sind solche, die mit der Anzahl der Passagiere variieren. Fluggastentgelte oder Bordverpflegung sind Beispiele hierzu. Kosten, die durch die Ausführung des Fluges entstehen, z.B. Lande- und Flugsicherungsgebühren, sind flugereignisabhängige Kosten.[23]

Deckungsbeitrag II:

Um den DB II zu erhalten, werden alle direkten Fixkosten mit einberechnet. Ab diesem Punkt in der Rechnung werden Schlüsselungen in Abhängigkeit der jährlichen Benutzung (Flugstunden oder Flugkilometer) benutzt, und die Kosten sind nicht mehr exakt verursachungsgerecht.[24] Leasingkosten für das Fluggerät oder Personalkosten für Cockpit und Kabine sind solche direkten Fixkosten. Sie werden auch Kapazitätsvorhaltungskosten genannt.[25]

Deckungsbeitrag III & IV:

Der DB III bezieht die Stationskosten mit ein. Werden zudem noch die Verkaufskosten abgezogen, erhält man den DB IV.

Streckenergebnis:

Als letzter Schritt werden noch die allgemeinen Verwaltungskosten verrechnet.[26] Das Streckenergebnis ist somit ein Vollkostenergebnis. Es zeigt den wirtschaftlichen Erfolg einer Airline.[27]

Entscheidungen auf Grund der Streckenergebnisrechnung

Das Controlling erstellt das Streckenergebnis in der Regel in monatlichen Intervallen. Diese Informationen liegen dem Management am Anfang jedes Monats vor. [28] Sie werden zur Planung und Kontrolle des gesamten Flugnetzes benutzt. Das Streckenergebnis und die einzelnen Deckungsbeiträge sind „[…] Basis für Entscheidungsrechnungen zu Streckenänderungen und nicht zuletzt für Flugzeuginvestitionsrechnungen“[29]:

Wie auch in anderen Branchen ist der DB I ein Instrument für kurzfristige Entscheidungen. Wenn genügend Kapazität vorhanden ist, wird ein Auftrag bei einem positiven DB I in der Theorie angenommen.[30] Bei einem negativen DB I wird die Strecke über einen längeren Zeitraum genauer beobachtet. Ist kein positiver Trend in Aussicht wird die Strecke eingestellt.[31] Bei Linienfluggesellschaften wird der DB II als Entscheidungskriterium für Frequenzerhöhungen einer Strecke benutzt.[32] Für Investitionen in neue Flugzeuge und Personal reicht jedoch die Betrachtung einer einzelnen Strecke nicht aus. Das komplette Streckennetz ist hierfür ausschlaggebend.[33] Bei großen Veränderungen des Streckennetzes, meist Neuaufnahme oder Schließung einer Strecke, werden die DB III und IV als Entscheidungshilfe verwendet. Für die Neuaufnahme einer Strecke wird ein positiver DB III gefordert. Ein negativer DB IV kann in der Anfangsphase durch „interne Subventionen“ der Bezirksdirektion gedeckt werden. Das bedeutet, dass die hohen Investitionen durch vorhandene Ressourcen kompensiert werden.[34]

Bei negativen Deckungsbeiträgen analysiert das Management weitere Faktoren, wie. z.B. starker Wettbewerb, Yieldverfall, sinkende Nachfrage aufgrund äußerer Ereignisse oder der Erhalt von Flughafenslots.[35]

Quelle: in Anlehnung an Conrady/Fichert/Sterzenbach, 2013, S. 410. Aviation Business Streckenergebnisrechnung

Netzergebnisrechnung

Die SER ist nur bei Billigflug-, Charter- und Regionalfluggesellschaften von hoher Bedeutung. Diese Geschäftsmodelle bieten Punkt-zu-Punkt-Verkehr an und können daher ihre Wirtschaftlichkeit besser an ihren einzelnen Strecken beurteilen. Fluggesellschaften mit aufeinander abgestimmten Umsteigeverbindungen reicht die Streckenergebnisrechnung jedoch nicht aus. Da die einzelnen Strecken miteinander verknüpft sind und somit eine Veränderung einer Strecke, Auswirkungen auf andere Strecken zur Folge hat, wird die SER auf die Netzergebnisrechnung (NER) erweitert. Es wird nicht mehr nur ein einzelnes Leg separat betrachtet, sondern dessen Funktion in der gesamten Netzstruktur.[36]

Netzerlöse

Für die Netzergebnisrechnung braucht es ein System, mit dem die Erlöse einer Umsteigeverbindung erfasst werden können, da der Passagier einen Preis für die gesamte Verbindung bezahlt. Eines dieser Systeme ist das Prinzip der Full-Fare-Ratios:

Der Passagier bezahlt für die Verbindung von CPH nach SEA einen Preis von 5000€. Die Flüge werden von verschiedenen Airlines einer Allianz angeboten. Die Tarife für die einzelnen Sektoren betragen 2000€ für Zu- und Abbringerflug und 4000€ für den Hauptflug. Mit Hilfe eines intern errechneten Multiplikators wird der Erlös der Verbindung auf die einzelnen Strecken zugeteilt. Diese Erlöse werden Prorate-Erlöse genannt. [37]

Um die Netzerlöse zu ermitteln, werden noch die Erlöse der Passagiere mit einberechnet, die die Strecke einzeln benutzen. Dies ist der Lokalverkehr. Ohne eine Schlüsselung kann man die Erlöse direkt einem bestimmten Flug zuordnen. Folgendes Beispiel soll darstellen, welche Erlöse der Zubringerflug nach FRA von STR einbringt.

Die Strecke bringt einen Lokalverkehrserlös von 600€ ein. Zu diesem Erlös wird der Prorate-Erlös von Passagieren addiert, die ein Ticket von STR nach JFK für 2000€ gekauft haben, indem der Flug STR-FRA mit inbegriffen ist. Über einen Multiplikator werden von den 2000€ Erlöse dem Zubringerflug 400€ zugewiesen. Der Streckenerlös ist folglich 1000€. Bei einer Einstellung der Strecke STR-FRA würden jedoch nicht nur die 1000€ Erlöse wegfallen, sondern auch noch die 1600€ Erlöse aus der Strecke FRA-JFK. Der Netzerlös der Strecke beträgt also 2600€. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da bei dieser Rechnung angenommen wird, dass keiner der Passagiere der Strecke STR-FRA-JFK den Flug FRA-JFK buchen würde, wenn der Zubringerflug STR-FRA nicht mehr angeboten wird. In der Realität weicht jedoch ein Teil der Passagiere auf Bodenverkehrsmittel, wie Zug, Bus oder Bahn zurück oder fliegt über einen anderen Hub der Airline. Zudem werden bei dieser Methode Erlöse doppelt verrechnet. Bei Betrachtung der Gesamtsituation kann dies zu Fehlschlüssen führen.[38]

Aufbau Netzergebnisrechnung

Auch die Netzergebnisrechnung ist eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung. Im Unterschied zur Streckenergebnisrechnung gibt es nur DB I und DB II. Der dritte und vierte DB werden in einer Stufe als Verwaltungskosten (Overhead*) verrechnet. Grundlage der Rechnung ist die Deckungsbeitragsrechnung der Hauptstrecke. Um auf die Netz-Deckungsbeiträge I & II und das Netzergebnis zu Vollkosten zu kommen, werden die Deckungsbeiträge der Upline und Downline Flüge addiert. Hierbei werden nur die beförderungsabhängigen Kosten von den Upline- und Downlineerlösen subtrahiert.[39]

Entscheidungen auf Basis der Netzergebnisrechnung

Wegen der Betrachtung auf Netzebene ist das Netzergebnis als Entscheidungsgrundlage vorsichtiger zu behandeln als das Streckenergebnis bei einer Punkt-zu-Punkt Verbindung. Natürlich fließen wieder externen Faktoren (wie bereits zuvor für die Streckenergebnisrechnung beschrieben) mit in die Entscheidung zur Einleitung von Maßnahmen ein. Hinzu kommen weitere Komponenten speziell für Netzwerk-Airlines, die bei der Netzergebnisrechnung nicht mit berechnet werden können, z.B. die Auswirkung auf Passagiere, die wegen des vielfältigen Streckenangebots der Fluggesellschaft Stammkunden sind.[40] Strecken werden selbst mit negativen DB I weiterhin betrieben, weil sie für das Gesamtnetz von Bedeutung sind. Dies trifft vor allem bei Zu- und Abbringerflügen zu.[41] Bei Abkommen zwischen Airlines, wie z.B. dem Codesharing, werden die Strecken in der Strecken- bzw. Netzergebnisrechnung normal berechnet. Die benötigten Informationen werden über Computerreservierungssysteme (CRS) ausgetauscht. Hat eine Strecke negative Ergebnisse, werden die Verrechnungspreise neu verhandelt.[42]

 Netz – DB INetz – DB IINetz – DB II – RenditeNetzergebnisrendite zu VollkostenBedeutungMaßnahme
1negativnegativ-X bis -Y %-M bis –N %Strecke ist unwirtschaftlichEinstellung der Strecke
2positivNegativ– Y bis -Z %-N bis -O %Strecke erwirtschaftet Kosten der Kapazität nichtBedienung nur, sofern Kapazität nicht anderweitig eingesetzt werden kann
3positivpositiv+ E bis A %-O bis B %Strecke deckt Overhead-Kosten nicht bzw. erzielt keinen angemessenen GewinnAnpassung (Programm-Umstrukturierung und u.U. Flugzeugfreisetzung), wenn über längeren Zeitraum keine Verbesserung
4  ab A %ab B %Strecke ist profitabelBeibehaltung Status Quo

Im ersten Fall sind beide Kennzahlen im hohen Minusbereich. Auch die Deckungsbeiträge I & II der Netzergebnisrechnung sind negativ. Die Strecke verursacht mehr Aufwand als Ertrag. Es müssen sehr gravierende äußere Faktoren mit einwirken, damit diese Strecke nicht eingestellt wird. Wie in der Streckenergebnisrechnung bedeutet ein negativer DB II, hier im Fall zwei, dass die Strecke die Vorhaltungskapazitätskosten nicht erwirtschaftet und daher nur betrieben werden sollte, wenn die Kapazität nicht besser genutzt werden kann. Im dritten Fall werden zwar positive Deckungsbeiträge erzielt, jedoch nicht die geforderten Mindestrenditen von A% und B%. Der Gewinn sollte mehr von den Overhead-Kosten decken. Hier kann man mit Umstrukturierungsmaßnahmen versuchen das Ergebnis zu verbessern. Im letzten Fall werden die geforderten Renditen erreicht, daher kann die Strecke so weiter betrieben werden.[43]

Fazit zu Streckenergebisrechnung und Netzergebnisrechnung

Die Streckenergebnisrechnung und die Netzergebnisrechnung sind für das Controlling einer Airline eine unabdingbare Kostenrechnung. Mit den Informationen kann das Unternehmen das Streckennetz planen, steuern und kontrollieren. Die Wirtschaftlichkeit einer Strecke oder sogar des ganzen Streckennetzes wird in einer Zahl dargestellt. Zu beachtet ist, dass allein der DB I verursachungsgerecht Kosten zuordnen kann. Ab dem DB II werden die Kosten mit Schlüsselungen verteilt. Auch die Erlöse werden über Schlüsselungen aufgeteilt, wenn das Flugticket mehr als einen Flug beinhaltet. Die Ergebnisse weichen also von der Realität ab. Nicht nur deswegen, sondern auch wegen des Einflusses externer Faktoren, sind die Streckenergebnisse nur eine Entscheidungshilfe für das Management. Die endgültige Maßnahme zur Veränderung einer Strecke trifft daher der Mensch.

Literaturverzeichnis

Conrady, R. / Fichert F. / Sterzenbach, R. (2013). Luftverkehr: Betriebswirtschaftliches Lehr-   und Handbuch. München: Oldenbourg Verlag.

Prof. Dr. Klein, J. (2017). Persönliches Interview, geführt vom Verfasser. Saarbrücken.

Klempien, D. (2017). Onlinequelle. Deckungsbeitragsrechnung. Erreichbar unter:             https://www.controllingportal.de/Fachinfo/Grundlagen/Deckungsbeitragsrechnung.html.

Maurer, P. (2006). Luftverkehrsmanagement: Basiswissen. München: Oldenbourg Verlag.

Mensen, H. (2013). Handbuch der Luftfahrt. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag.

Vollmuth, H. (2011). Controllinginstrumente. Freiburg: Haufe.

Quellennachweise:

[1] Vgl. Mensen (2013), S.1271.

[2] Vgl. Vollmuth  (2011), S.39.

[3] Vgl. Klempien (2017), Onlinequelle.

[4] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[5] Vgl. ebd., S.407.

[6] Vgl. Mensen (2013), S.1274.

[7] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[8] Vgl. ebd., S.390.

[9] Vgl. Maurer (2006), S.417.

[10] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[11] Vgl. ebd., S.392f.

[12] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[13] Vgl. Maurer (2006), S.415.

[14] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[15] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[16] Vgl. Mensen (2013), S.1274.

[17] Vgl. ebd., S.1274.

[18] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.390.

[19] Vgl. ebd., S.391.

[20] Vgl. Mensen (2013), S.1279.

[21] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.391.

[22] Vgl. Mensen (2013), S.1272.

[23] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.407ff.

[24] Vgl. Mensen (2013), S.1281.

[25] Vgl. Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.409.

[26] Vgl. Mensen (2013), S.1277.

[27] Vgl. Maurer (2006), S.415.

[28] Vgl. Klein (2017).

[29] Maurer (2006), S.417.

[30] Vgl. Mensen (2013), S.1273.

[31] Vgl. Klein (2017).

[32] Vgl. Mensen (2013), S.1277.

[33] Vgl. Klein (2017).

[34] Vgl. Mensen (2013), S.1277.

[35] Vgl. Maurer (2006), S.417.

[36] Vgl. ebd., S.415.

[37] Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.393.

[38] Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.405.

[39] Vgl. Maurer (2006), S.415.

[40] Vgl. Mensen (2013), S.1275.

[41] Vgl. Maurer (2006), S.415.

[42] Vgl. Klein (2017).

[43] Conrady, Fichert, Sterzenbach (2013), S.414.

Controlling im Luftverkehr

Grundsätzlich unterscheidet sich das Controlling im Luftverkehr, insbesondere das Controlling in Fluggesellschaften, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht stark vom klassischen Unternehmenscontrolling. Denn genau wie jedes andere Unternehmen auch wollen auch Fluggesellschaften Geld verdienen und Gewinne erwirtschaften. Hierbei unterstützt das Controlling die Geschäftsleitung der Airline und übernimmt somit beratende Funktion. Und auch im Luftverkehr dominieren die modernen Unternehmen, die regelmäßig an ihrer Gewinnmaximierung arbeiten.

Die Aufgaben des klassischen Controllings beginnen mit der Sicherung der Zahlungsfähigkeit über eine angemessene Liquiditätsplanung. Dazu sind fundierte Informationen zu den Ein- und Auszahlungen des Unternehmens notwendig. Die Informationsbereitstellung wird vom Berichtswesen (Reporting) gewährleistet. Allerdings ist die Rentabilitätsplanung bzw. Planung der Wirtschaftlichkeit für Unternehmen in der Regel deutlich wichtiger. Denn hier steht als Unternehmensziel die Gewinnmaximierung im Blickpunkt. Dies gilt auch für das Controlling im Luftverkehr. Als typische Instrumente kommen die Deckungsbeitragsrechnung, der Einsatz von Kennzahlen und Kennzahlensystemen und als Informationslieferant die klassische Kostenrechnung zum Einsatz. Darüber hinaus spielen die Verfahren des modernen Kostenmanagements eine große Rolle. Hierzu zählen insbesondere das Zielkostenmanagement, das Prozesskostenmanagement und das Lebensyzykluskostenmanagement sowie das Fixkostenmanagement.

Besonderheiten beim Airline – Controlling (Controlling im Luftverkehr)

Doch das Controlling von Airlines (Fluggesellschaften) kann noch mehr. Im Luftverkehr gibt es eine ganze Reihe von Sonderaufgaben, bei denen das Controlling einer Fluggesellschaft mitwirken kann. Dies liegt an den zahlreichen besonderen Geschäftsmodellen der Airlines. Dabei spielen die Flugplanung und das Slot Management eine besondere Rolle. Aus wirtschaftlicher Sicht sind aber auch die Streckenergebnisrechnung als Sonderform der Deckungsbeitragsrechnung und das Revenue Management entscheidend. Und auch die Balanced Scorecard sieht in Fluggesellschaften ein wenig anders aus als im klassischen Industriebetrieb.

Nachfolgend finden Sie nach und nach Erklärungen zu den wichtigsten Controlling – Instrumenten im Luftverkehr. Klicken Sie sich durch und lernen Sie die modernen Controlling – Methoden kennen.

1 2 3 4 5 21